Die Bügeleisenfabrik in Erbach ist profitabel und könnte weitermachen, sagen IG Metall und Betriebsrat. Für die Zukunft gibt es mehrere Vorschläge.
ERBACH/SÜDHESSEN. Die IG Metall und der Betriebsrat von Rowenta in Erbach haben am Dienstag Vorschläge präsentiert, wie die 160 Arbeitsplätze im Bügeleisenwerk erhalten werden können. Der Betriebsrat hatte ein Gutachten bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Auftrag gegeben, die sich die Bücher genau angeschaut hat. Jetzt wurden die Ergebnisse den Mitarbeitern vorgestellt. Die zentrale Aussage der Experten: „Das Bügeleisenwerk in Erbach ist weiterhin profitabel und wirtschaftlich keineswegs am Ende“, berichtet Max Zeiher von der IG Metall in Darmstadt. Der Standort erfülle die Kennzahlen des französischen Mutterkonzerns SEB, auch hinsichtlich der Qualität, und nehme im Vergleich mit anderen Produktionswerken sogar einen Spitzenplatz ein.
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Die Arbeitgeberseite hatte die beabsichtigte Schließung zum 1. Juli 2022 unter anderem damit begründet, dass der Bügeleisenmarkt rückläufig sei. „Das können wir nach dem Gutachten so nicht teilen“, sagt Gewerkschaftsmann Zeiher. Durch die Corona-Pandemie habe es zwar eine Delle gegeben, aber für die kommenden Jahre gingen die Marktforscher wieder von Wachstum aus.
Ein Problem sei die Auslastung des Werks. Die günstigen Bügeleisen lässt Rowenta schon länger in China fertigen. „Das ist ein Preiskampf, mit dem wir nicht mithalten können und auch nicht wollen“, sagt Betriebsratsvorsitzender Bodo Schwarz. In Erbach fertigt man heute ausschließlich High-End-Bügeleisen, die im Handel für 100 Euro aufwärts verkauft werden. Schwerpunkt sind die Märkte in Europa und in den USA. „Angesichts der mangelnden Auslastung könnte das Unternehmen neue Märkte erschließen und das Qualitätsmerkmal Made in Germany stärker in den Fokus rücken“, sagt Zeiher. Nach Ansicht von Branchenkennern hat die Muttergesellschaft SEB dieses Potenzial lange nicht erkannt und nicht ausgeschöpft.
Betriebsrat und Gewerkschaft erneuern ihre Forderung, die Beschäftigung am Standort zu halten. Man habe verschiedene Zukunftsszenarien erarbeitet, die man kommende Woche der Geschäftsleitung vorstellen wolle, die sie wiederum in die Zentrale der Muttergesellschaft nach Frankreich weiterleite.
Nicht nur neue Märkte könnten helfen, auch andere Produkte. „Die Mitarbeiter könnten auch andere Haushaltsgeräte herstellen, etwa Kaffeemaschinen“, so Zeiher. Selbst im Anlagenbau sei Kompetenz vorhanden. Alles Weitere wolle man zunächst mit der Geschäftsleitung besprechen.
Für den Fall, dass es zu Kündigungen kommen sollte, fordern die Arbeitnehmervertreter „maximal hohe Abfindungen“, die Abfederung sozialer Härten, einen Übergang in die Rente für ältere Beschäftigten und eine Transfergesellschaft für jüngere. SEB hat bereits angekündigt, mit allen Beteiligten Lösungen zu erarbeiten, um die Auswirkungen auf die Belegschaft so gering wie möglich zu halten.
Die Stimmung unter den Mitarbeitern sei „sehr gedrückt“, sagt Betriebsrat Schwarz. Es wäre das Ende des letzten Bügeleisenwerks in Deutschland und auch für Erbach sowie den Industriestandort Odenwald ein schmerzlicher Verlust. SEB hat Rowenta 1988 übernommen und das Werk in den vergangenen Jahren von 750 auf 160 Beschäftigte heruntergeschrumpft. Zum 1. Juli 2022 soll die Produktion nach Frankreich und China verlagert werden.
SEB gehört mit 33 000 Beschäftigten und 7 Milliarden Euro Umsatz zu den größten Haushaltsgeräteherstellern.
Von Anja Ingelmann