Die Finals - eine Kraftzentrale für den Randsport

Streifzug durch die Multimeisterschaften in Rhein-Ruhr. Vom BMX in der alten Zeche bis zum Stabhochsprung am Rheinufer. Eine heiße Angelegenheit für 18 Sportarten.

Anzeige

DUISBURG/DÜSSELDORF. Duisburg/Düsseldorf. In der Kraftzentrale des Stahlwerks sorgten einst zehn Großgasmaschinen für Strom und Energie. Heute ist die riesige Halle leer - wären da nicht die Sportler, für die feine Körpertechnik viel wichtiger ist als pure Kraft. Sportkletterer, die immer wieder in die Wand steigen, um eine der fünf Boulder-Aufgaben des Vorkampfes zu meistern. "Das ist schon eine coole Location hier", sagt Jan Hoyer, der zusammen mit Yannick Flöhe die letzten Versuche der Konkurrenten beobachtet. Beide Weltmeister ihres Fachs, beide Mitfavoriten im Kampf um einen von 159 deutschen Meistertiteln, die in 18 Sportarten vergeben werden. Titel: "Die Finals".

Zeitlich gebündelt, aber räumlich verteilt, wollen Randsportarten wieder gemeinsam in den Fokus rücken. Wobei sich letztlich alle Sportarten hinter dem Fußball am Rand fühlen. Auch olympische Königsdisziplinen wie Leichtathletik und Schwimmen, die innerhalb dieser vierten Auflage der Finals ihre Meister in Kassel und Berlin ermitteln. Die Philosophie wird am stärksten im Rhein-Ruhr-Gebiet umgesetzt. Düsseldorf und Duisburg sind die Hauptstädte der Multi-Meisterschaften.

Spektakuläre Kulissen, starke Leistungen

Mit spektakulären Kulissen wie eben dem Landschaftspark in Duisburg. Wo einst in 82 Jahren 37 Millionen Tonnen Roheisen produziert wurden, geht es um Edelmetall. Zum Beispiel eben in der riesigen Halle, die in diesen Tagen auch eine Kraftzentrale zur Stärkung der Aufmerksamkeit ist. "Das hat jede Sportart hier gemein, dass sie es als einzelne nicht schaffen würde, so viel Fernsehzeit zu bekommen", sagt der in Köln lebende und für die Sektion Frankfurt des Deutschen Alpenvereins startende Jan Hoyer. Ein Satz, der nahezu an allen Standorten zu hören ist.

Anzeige

Auch bei den BMX-Fahrern, zu denen der Weg vorbei führt an Industrieruinen - und allein zehn Technik-Lkw des für die Übertragung zuständigen Westdeutschen Rundfunks. Dies wohlgemerkt nur an einem von vielen Standorten dieser Finals. "Ist schon klasse, dass wir so eine tolle Bühne bekommen", sagt Max Henning, der die Geschichte seiner aufstrebenden Sportart hautnah miterlebt hat: "Als ich angefangen habe, haben wir an so was nicht denken können. Da waren wir blöde Punker mit viel zu kleinen Rädern." Die Räder sind immer noch klein, aber die Ziele sind gewachsen: Die BMX-Freestyler hatten schon für große Show bei den European Championships in München gesorgt. In Duisburg geht es auch deshalb heiß her, weil die Anlage in der prallen Sonne steht. "Da reicht Lichtschutzfaktor 50 nicht", sagt Henning und trägt die nächste Schicht der Creme auf.

Im Innenhafen von Duisburg wird eine Entenfamilie von einer Kanutin sanft Richtung Ufer dirigiert. Dort ist es sicherer, denn auf dem Wasser fliegen die Bälle tief. Beim Kanu-Polo, genauer gesagt: Kanu-Speed-Polo. "Ich finde das interessanter als normales Polo, auch wenn mich dafür im Verband einige steinigen", sagt Kanuverbands-Präsident Jens Perlwitz, nachdem er das Siegerteam geehrt hat: "Aber es ist spannender für die Zuschauer." Und natürlich für das Fernsehen, für das die Spielregeln angepasst wurden.

Eher klassisch und gut klimatisiert geht es im PSD Bank Dome zu. Die Tribünen sind gut gefüllt, als Elisabeth Seitz zum neunten Mal Mehrkampf-Meisterin an den Geräten wird. Etwas weniger los ist bei der Rhythmischen Sportgymnastik, die mal wieder Darja Varfolomeev (TSV Schmiden) dominiert. Gespannt auf die Resonanz sind die Trampolinturner, die diesmal nicht wie bei ihrer Finals-Premiere 2022 in Berlin am Donnerstagmorgen ran müssen, sondern am Sonntag für den Abschluss der Finals sorgen dürfen.

Zurück an die frische, aber heiße Luft: Stabhochspringen mit Zuschauern auf Augenhöhe - bei der Überquerung der Latte wohlgemerkt. Das Rheinufer macht es möglich, wo die Anlage unterhalb der Promenade aufgebaut wurde. "Die Atmosphäre ist super, überall Zuschauer, Musik, also alles so, wie wir es haben wollen", freute sich Carolin Hingst, die zwar von einer zwickenden Wade ausgebremst wurde, die Atmosphäre dennoch genoss. Die Olympia-Sechste von 2008 hat auch mit 42 Jahren noch Lust auf Stabhochspringen. Erst recht unter solchen Bedingungen, die Anjali Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen) zur Titelverteidigung nutzte - mit 4,41 Metern ziemlich genau auf Höhe des Promenadengeländers.

Am Freitagabend hatten dann die Triathleten das Rheinufer im Griff. Nach Schwimmen im Medienhafen folgten Laufen und Radfahren auf für Zuschauer höchst attraktiven kleinen Rundkursen. Nach der Mix-Staffel geht es am Wochenende mit den Einzelrennen weiter. Und im Landschaftspark Duisburg übernahmen am Abend die Breakdancer das Kommando. Als die Zeche Meiderich geschlossen wurde, begann der Aufstieg der Tanzform - die ab 2024 als Breaking olympische Sportart ist.