Zwei südhessische Vereine spüren in der Jugendarbeit schmerzhaft die Corona-Folgen, bei einem gab es dagegen sogar Leistungssprünge.
SÜDHESSEN. Südhessen. Für kaum eine Sportart waren die Beschränkungen in der Corona-Zeit so problematisch wie fürs Ringen - schließlich kommt man sich da näher als bei fast jeder anderen Disziplin. Eine Umfrage unter südhessischen Vereinen mit Jugendarbeit zeigt, dass die Auswirkungen auf den Nachwuchs im traditionsreichen Mattenkampfsport ganz unterschiedlich ausgefallen sind. Zwei Vereine spüren die Nachwehen bis heute, ein anderer hat sogar einen Sprung nach vorn gemacht.
Genau dieses Kontrastprogramm bot zuletzt ein Vergleich in der Jugendliga Hessen. Die ASV Dieburg empfing den AV Groß-Zimmern, der sich mit 7:2 durchsetzte. Ein Sieg, der auch so deutlich ausfiel, weil der Athletenverein "Vorwärts" alle zehn Gewichtsklassen (darunter eine reine Mädchenklasse) besetzen konnte und die Dieburger nur sechs. Was schon andeutet, wie unterschiedlich es den beiden Klubs zuletzt ergangen ist.
Für die ASV Dieburg spricht Vorsitzender Peter Mai Klartext: "Man muss ganz deutlich sagen, dass uns Corona als Ringerverein geschadet hat. Unserem Sport haben die zwei Jahre einen sehr großen Abbruch getan." Konkret: "Wir haben in unserer Jugend einige Leute verloren." Bis 2019 ging es qualitativ und quantitativ länger nur bergauf bei den "Wölfen", wie sich die Dieburger Jugendringer nennen. Dann sprangen mehrere Kinder ab. "Sie orientieren sich schnell um, wenn sie monatelang nicht trainieren dürfen", ruft Mai in Erinnerung, was die Vereine der Politik 2020 und 2021 gebetsmühlenartig mitteilten, was aber ziemlich langsam in Lockerungen gerade für den Hallen- und Kontaktsport mündete. Zum anderen seien "Talente wie unsere Brüder Arda und Onur Celebi wegen der langen Trainingsunterbrechung jetzt technisch auf einem schlechteren Niveau, da müssen wir erst wieder Aufbauarbeit leisten".
Die Dieburger Toptalente Lias Mai und Tom Ouzounis durften als Kaderathleten zwar im Ringerleistungszentrum Aschaffenburg weitgehend durchtrainieren, sie stehen der ersten Mannschaft nun aber nicht zur Verfügung. Lias Mai konzentriert sich derzeit auf den Fußball bei der DJK Dieburg, Ouzounis ist für die Ligarunde 2022 zum ASV Schaafheim gewechselt. Ganz anders klingt Jens Haas als Vorsitzender und Trainer beim AV Groß-Zimmern: "Uns hat Corona nichts ausgemacht. Dadurch, dass wir eine eigene Halle haben, konnten wir selbst in den Lockdown-Zeiten in Kleinstgruppen von Kindern, die auch zusammen in die Schule gehen, größtenteils durchtrainieren." Viele Kids hätten technisch sogar einen Sprung nach vorn gemacht. Hinzu kam die Erweiterung des Trainer-Teams (unter anderem durch Eigengewächs und DM-Teilnehmer Paul Nimmerfroh) sowie die gleich vier wöchentlichen Trainingsangebote des Vereins. "Wir hatten voriges Jahr einen Zuwachs von zehn Kindern", freut sich Haas. Insgesamt trainieren in Groß-Zimmern derzeit 30, darunter ein Dutzend Teenager. Sie sollen 2023 zusammen mit ausgeliehenen Talenten wie Artem Kovgan und Alex Brjuchovic (beide im Dieburger Landesliga-Team) die Basis für das Comeback des AVG-Männerteams im Ligabetrieb bilden.
Bei der SG Arheilgen nennt Trainer Stefan Wannemacher die zwei Corona-Jahre wiederum "eine schwere Zeit für uns. Wir sind unserer Verantwortung gerecht geworden und haben uns an alle Vorgaben gehalten." Das habe aber vor allem zu einem Aderlass bei Athleten im Alter von 14 bis 20 Jahren geführt, "und das merken wir jetzt in unserer ersten Mannschaft". Unter anderem Robert Botezatu pausiert aktuell, sein Bruder Marius ringt in der Liga nun für Schaafheim.
Aktuell umfasse das Nachwuchsteam 18 Kinder und Jugendliche, von denen 14 auf Turniere fahren oder für die Jugendliga in Frage kommen. 2019 hatten die Darmstädter noch einen Zuwachs von neun Jugendringern verbucht, "diese Einsteiger haben bis heute kaum Wettkampferfahrung". Leistungsmäßig habe sich die lange Zwangspause negativ ausgewirkt - dennoch wolle man nicht jammern: "Klar ist, dass wir einen Rückstand haben", so Wannemacher. "Die Motivation der Kids ist aber riesengroß und wir schauen optimistisch in die Zukunft."