Bleiben oder Gehen: Schwere Entscheidung für David Abraham
Die Liebe zu seinem Sohn zieht den Eintracht-Kapitän zurück nach Argentinien - doch dort ist eine Wiederaufnahme von Fußballspielen derzeit nicht in Sicht.
Von Peppi Schmitt
David Abraham von Eintracht Frankfurt.
(Archivfoto: dpa)
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FRANKFURT - Es ist gerademal einen Monat her, da schien Klarheit in das private und berufliche Leben von David Abraham zu kommen. Der Profi der Frankfurter Eintracht hatte in Gesprächen mit dem Vorstand den Weg zurück in seine argentinische Heimat vorbereitet. Ende der Saison sollte Schluss sein in Frankfurt, obwohl der Vertrag noch bis 2021 läuft. Die Schlagzeilen ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Verteidiger Abraham vor dem Abschied“, „Abrahams Abgang droht“, „Der Kapitän geht von Bord.“
Durch Corona hat sich aber vieles geändert. Nun gibt es erstzunehmende Hinweise, dass Abraham über seine berufliche Zukunft noch einmal neu nachdenken wird. Womöglich wird er seinen Vertrag in Frankfurt doch erfüllen. Die Eintracht verhält sich dabei sehr verantwortungsvoll. Sportvorstand Fredi Bobic hat in den Gesprächen mit Abraham immer deutlich gemacht, dass er ihn zwar aus sportlichen Gründen gerne behalten, die privaten Aspekte bei einem Wechsel aber respektieren würde
Frau uns Sohn in Argentinien
Die Gründe für seine ursprünglichen Pläne Abrahams waren und sind nämlich rein privater Natur. Sportlich fühlt er sich ausgesprochen wohl am Main (119 Spiele für die Eintracht), aber seit mehr als einem Jahr lebt er alleine in Frankfurt, was während der jüngsten Quarantäne noch eine besondere Erschwernis bedeutet hat. Seine Ehefrau Marianella ist mit Söhnchen Alfonso zurück in die Heimat gezogen. Der am 25. Mai 2016 in Frankfurt geborene Alfonso ist nicht nur der ganze Stolz des Vaters, sondern er war auch zum Liebling der Fans und Fotografen geworden, als er vor einem Jahr nach den Erfolgen der Eintracht in der Europa-League immer mal wieder mit dem Papa vor der Kurve gefeiert hat.
Das Heimweh nach Argentinien, vor allem aber die Sehnsucht nach seinem Sohn, hat Abraham schwer belastet. Gerade mit seinem Trainer hat er oft darüber geredet. „Ich war immer informiert“, hat Adi Hütter gesagt, der einen besonders engen Kontakt zu seinem Kapitän pflegt und in der schwersten sportlichen Stunde fest zu ihm gestanden hat. In den Wochen vor Weihnachten, als Abraham nach seinem Rempler gegen den Freiburger Trainer Christian Streich für sieben Spiele gesperrt worden war und viele Medien ihn zum Buhmann gestempelt hatten, war der 33 Jahre alte Profi an die Grenze seiner psychischen Belastbarkeit gestoßen. Hütter hatte ihm entgegen Forderungen aus vielen Medien nicht die Spielführerbinde weggenommen. Der Wunsch, die Eintracht zu verlassen und nach Argentinien zurückzukehren, war bei Abraham dennoch immer drängender geworden.
Mit den beiden Europapokal-Spielen gegen den FC Basel hätte Abrahams Erfolgsgeschichte im europäischen Fußball noch einen weiteren Höhepunkt erfahren können. Beim Frankfurter Kapitän hatten die Augen vor Freude geleuchtet, als das Los die Eintracht und Basel zusammengeführt hatte. In Basel nämlich hatte er 2008 seine Europakarriere begonnen, über die TSG Hoffenheim war er 2015 zur Eintracht gekommen. Nun hätte sich der Kreis schließen können. Das Wiedersehen seinem früheren Klub wurde dann aber durch die 0:3-Niederlage im Geisterspiel zur bitteren Enttäuschung. Und ob und wann es ein Wiedersehen mit der Stadt an der deutsch-schweizerischen Grenze und dem Stadion St. Jakobs-Park geben wird, steht durch „Corona“ in den Sternen.
Genau wie der Zeitpunkt des Wechsels zurück nach Argentinien. Denn die Corona-Krise könnte nun doch wieder zu einem Umdenken führen, wie aus dem Umfeld des Spielers zu hören ist. Denn Abraham wollte ja seine sportliche Karriere nicht beenden, sondern bei seinem Heimatverein Independiente Buenos Aires fortsetzen. Das ist nun wieder in Frage gestellt. Auch in Argentinien ruht der Fußball und eine Wiederaufnahme der Spiele ist anders als in Deutschland nicht in Sicht. Zudem sollen die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Independiente so begrenzt sein, dass es durchaus nicht sicher ist, ob sie sich Abraham überhaupt leisten können. Und wann wird eigentlich die Saison hierzulande fortgesetzt, vor allem: Wann wird sie zu Ende gehen? Für Abraham, der ja noch einen Millionenvertrag besitzt, geht es auch um viel Geld. Viele Fragen, noch wenige Antworten. In jedem Fall ist wieder vieles offen im „Fall Abraham“.