Kurz vor den Osterferien sind viele Urlauber verunsichert, ob sie überhaupt auf Reisen gehen sollten. Wann stornieren besser ist – und wann abwarten.
. Das Coronavirus breitet sich immer weiter aus. Das hat Auswirkungen auf die weltweite Wirtschaft – auch auf die Reisebranche. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rät nicht nur dazu, auf Konzerte, Fußballspiele oder Klubbesuche zu verzichten, sondern auch, weniger zu reisen.
Bildergalerie
Derweil hat Italien ein Ein- und Ausreiseverbot für das gesamte Land verhängt. Dieses gilt zunächst bis zum 3. April. In Südtirol haben die Skigebiete die Wintersaison vorzeitig beendet und den Betrieb eingestellt. Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach Italien ab, bestätigt jedoch, dass Urlauber die Gebiete verlassen dürfen, um nach Deutschland zurückzukehren.
Verstärkte Einreisekontrollen und Gesundheitsüberprüfungen werden von vielen Ländern durchgeführt und betreffen insbesondere Kreuzfahrtschiffe im asiatischen Raum. Es ist bereits mehrfach zu Verweigerungen des Anlaufens von Häfen gekommen. Außerdem ist mit Verzögerungen, Routenänderungen und in bestimmten Fällen auch Quarantänemaßnahmen zu rechnen. Wer nach Israel reisen möchte, muss nachweisen, dass er eine 14-tägige häusliche Quarantäne antreten wird. Ansonsten dürfen keine Touristen aus Deutschland mehr einreisen. Urlauber, die sich derzeit im Land aufhalten, müssen es in den nächsten Tagen verlassen, heißt es auf den Seiten der israelischen Botschaft. Auf den Malediven wurden zwei Resorts mit rund 700 Urlaubern und Angestellten abgeriegelt, nachdem sich dort zwei Angestellte sowie ein Gast aus Italien mit dem Virus infiziert hatten.
Angst zu erkranken ist kein Stornogrund
Das alles verunsichert die Menschen – zumal die Osterferien vor der Tür stehen. Viele Urlauber fragen sich, ob sie eine geplante Reise überhaupt antreten können und ob sie ohne Kosten von einer Reise zurücktreten können. Diese Frage ist laut Europäischem Verbraucherzentrum Deutschland (EVZD) nicht ganz einfach zu beantworten, denn es hängt immer davon ab, ob eine Pauschalreise oder eine Individualreise gebucht wurde. Es komme darauf an, ob das Auswärtige Amt vor Reisebeginn, aber nach der Buchung, eine Reisewarnung für das Reiseziel ausgesprochen hat. Wenn das der Fall ist, kann die Pauschalreise normalerweise kostenlos storniert oder umgebucht werden, heißt es auf den Seiten des EVZD. Argumentieren könne man mit „unvermeidbaren außergewöhnlichen Umständen“ oder „höherer Gewalt“, also mit Ereignissen, die bei der Buchung nicht vorhersehbar waren.
Liegt keine Reisewarnung vor, ist es die Kulanzentscheidung des Reiseveranstalters, ob die Reise kostenfrei storniert oder umgebucht werden darf. Auch wenn Sehenswürdigkeiten nicht besichtigt werden können, die einen wesentlichen Bestandteil der Pauschalreise ausmachen, oder wenn es zu gravierenden Änderungen im Reiseablauf kommt, könne dies ebenfalls ein Grund für einen kostenlosen Reiserücktritt sein. Zu beachten sei jedoch, dass die reine Angst zu erkranken nicht ausreicht, um eine Reise kostenfrei abzusagen.
Das Auswärtige Amt rät dazu, sich vor Buchung einer größeren Reise wie zum Beispiel einer Kreuzfahrt, persönlich durch ein Reisebüro beraten zu lassen. Insbesondere ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sollten sich auch ärztlich beraten lassen.
Sagt hingegen der Reiseveranstalter die Pauschalreise von sich aus ab, muss er den Reisepreis erstatten. Um ihren Kunden eine zusätzliche Sicherheit zu geben, haben zahlreiche Reiseveranstalter aktuell die Stornierungs- und Umbuchungsbedingungen für neue Buchungen gelockert. Dennoch beobachtet der Deutsche Reiseverband (DRV) eine zunehmende Buchungszurückhaltung bei Reiseveranstaltern und Reisebüros. Zwar seien die Reisebüros derzeit stark frequentiert, weil die Kunden einen hohen Informationsbedarf haben, gebucht werde aber eher zögerlich. In einer Blitzumfrage unter DRV-Mitgliedsunternehmen gibt die Mehrheit an, dass der Umsatzrückgang aktuell schon bis zu 75 Prozent beträgt. 15 Prozent der rund 700 Befragten verzeichnen sogar einen Rückgang von mehr als 75 Prozent. Auch Kreuzfahrtunternehmen verzeichnen deutliche Umsatzeinbrüche.
Nach den vielen Berichten über unter Quarantäne gesetzte Kreuzfahrtschiffe sagt auch mehr als ein Drittel der rund 27 000 Befragten einer aktuellen Umfrage des Reiseportals „Urlaubspiraten“, dass sie die Ozeandampfer vorerst meiden wollen. Lediglich elf Prozent meiden dagegen Flugzeuge und nur acht Prozent Fernzüge. Der Großteil der Befragten Nutzer des Portals zeige sich jedoch unbeeindruckt vom Coronavirus: 72 Prozent halten an ihren bestehenden Reiseplänen fest. Lediglich neun Prozent haben ihre Reise vorsorglich storniert oder verschoben. Mehr als jeder Dritte wartet ab, wie sich die Lage entwickelt, wobei 86 Prozent denken, dass sie im Sommer wieder normal verreisen werden. „Insgesamt rechnen wir nicht mit einem längerfristigen Einbruch des Reisemarkts. Zum einen, weil damit zu rechnen ist, dass bald ein gewisser Gewöhnungseffekt eintritt. Zum anderen, weil gerade Urlaubsreisen – anders als Geschäftsreisen – ein gewisses Grundbedürfnis der Menschen darstellen“, sagt David Armstrong, CEO der Holiday Pirates GmbH, die das Portal Urlaubspiraten betreibt.
„Wie stark die Branche am Ende betroffen sein wird, hängt davon ab, wie schnell es gelingt, das Virus in den Griff zu bekommen und wir alle in den Normalmodus zurückkehren. Urlaub hat bei den Deutschen einen sehr hohen Stellenwert und daher setze ich auf ein starkes Last-Minute-Jahr“, sagt Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands.
Ob es die deutschen Urlauber in diesem Jahr vielleicht eher in die Ferienregionen des eigenen Landes zieht, bleibt hingegen abzuwarten. „Auch wir bekommen von allen Seiten signalisiert, dass eine gewisse Zurückhaltung bei den Buchungen zu bemerken ist“, sagt Kathrin Hackbarth, Pressesprecherin des Tourismusverbands Mecklenburg-Vorpommern. Die Menschen seien vorsichtiger und warten erst einmal ab.
Stefan Zindler, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH kann noch keine langfristigen Prognosen abgeben, da aktuell keine valide Vorhersage für die weitere Entwicklung der Corona-Erkrankungswelle getroffen werden kann: „Wir beobachten, dass im Moment vor allem der Geschäftsreisetourismus betroffen ist, weil Tagungen und Kongresse und die damit verbundenen Übernachtungen abgesagt werden.“