Derzeit darf man nicht verreisen, doch man kann vom Urlaub träumen. Wir haben die passende Lektüre dafür zusammengestellt. Buchtipps, bei denen Reisen durch den Magen geht.
. Der letzte Urlaub liegt schon ein Weilchen zurück oder ist noch ein ferner Plan? Unser Rezept: Wegträumen – mithilfe von Büchern, bei denen Reisen durch den Magen geht. Beim Topfgucken auf Sizilien begleitet man die Autorin zu Bauern, Bäckern und Sterneköchen rund um den Ätna. Die Tel Aviver Vielfalt stellen einheimische Köche aus der quirligen Metropole vor, und Schlemmen und Gruseln kann man auf der Genuss-Spur durch die Steiermark, bei der auch eine Krimiautorin die Finger im Spiel hat. Der Freiburger Sternekoch Ben Kindler packt seine Begeisterung für Bangkok in Worte, Bilder und Rezepte, und ein Schweizer Paar zündet ein Ideenfeuerwerk zum Thema Fondue. Gute Reise! Und guten Appetit!
Tel Aviver Vielfalt
Als „lebensfrohen Leuchtturm“ in einer der geopolitisch brisantesten Gegenden der Welt bezeichnet der Autor Reuven Rubin die Stadt Tel Aviv, was die Metropole treffend beschreibt: Sie ist quirlig, lebensfroh und gehört auch dank ihres architektonischen Erbes, dem Bauhaus, zu den interessantesten Orten am Mittelmeer. Die Küche ist so vielfältig und international wie ihre Einwohner, die aus über 70 Ländern stammen. Das Kochbuch aus der Reihe „Kultrezepte“ des Christian Verlags stellt die Facetten wahrlich appetitanregend vor. Gegliedert ist es nach den wichtigsten Gebieten der Stadt, etwa dem Rothschild-Boulevard, dem Carmel- und Levinsky-Markt oder Jaffa. Die Atmosphäre kommt auf den Fotoseiten zu jedem Kapitel gut herüber, die vielen Restaurant-, Café- und Einkaufstipps sind für jeden kulinarisch interessierten Städtereisenden nützlich und hilfreich. Die 80 Rezepte stammen von Tel Aviver Köchen und zeigen die ganze Vielfalt an Spezialitäten aus aller Herren Länder: von der Pljeskavica (ein Hackfleischgericht) bis zu Baba Ganoush (eine Art Auberginenmus). Wer diese Gerichte und andere auf seiner Tel-Aviv-Visite gekostet hat, freut sich über die Anleitung zum Nachkochen. Für alle anderen bieten die Rezepte ganz sicher die ein oder andere spannende Gaumenfreude, ohne dafür verreisen zu müssen. GK
Reuven Rubin, Arnold Pöschl: Tel Aviv Christian Verlag, 240 Seiten, 32,99 Euro
Die Stadt als Küche
Wer sich in Bangkok begegnet, fragt nicht: „Wie geht es dir?“, sondern: „Hast du schon gegessen?“ Das sagt eigentlich alles über den Stellenwert des Essens in der thailändischen Metropole. Der Freiburger Sternekoch Ben Kindler ist dieser Esskultur mit bunten Straßenküchen, dampfenden Suppen und raffinierten Currys vollständig erlegen. In diesem Kochbuch versammelt er seine Lieblingsgerichte und erzählt von Streifzügen über Märkte, Straßen und Reisfelder. Das großformatige Buch besticht nicht nur durch die leicht nachzukochenden Rezepte, sondern auch durch die ausdrucksstarken Fotografien. Die machen nicht nur Appetit auf Glasnudeln, Reis und Co., sondern ebenso viel Lust auf Land und Leute. Lieber gleich hinfliegen oder erst zu Hause kochen? Der Leser hat die Qual der Wahl. APF
Ben Kindler: Bangkok Original Streetfood AT Verlag, 240 Seiten, 29,90 Euro
Schlemmen und gruseln
Was passiert, wenn sich eine Krimiautorin mit Touristik-Diplom und eine Gastronomin mit Sommelière-Ausbildung aufmachen, die Steiermark kulinarisch zu erkunden? Es wird lecker und lustig! Über 12 000 Kilometer per Elektroauto, auf dem Rad, auf Schneeschuhen sowie zu Fuß erkundeten die Damen jenen Landstrich, der von den Höhen des Dachsteins bis zu den Weinbergen der Südsteiermark reicht. Sie besuchten Winzer, Almbauern, Käsereien, Haubenköche sowie Dorfgasthöfe und fanden überall Genuss pur. Ihre Eindrücke, die Spezialitäten und der Stoff, aus dem sie sind, packten sie samt Rezepten in ein Buch, das gleichermaßen kulinarischer Reiseführer, Kochbuch und Urlaubslektüre ist. Herrlich sind die Kurzkrimis mit teilweise tiefschwarzem Humor. So schwelgt man in Kürbiskernöl und Bioweinen, träumt von feinem Fisch und süßem Strudel. BB
C. Rossbacher, S. Flieser: Genuss.Spur Steiermark Gmeiner Verlag, 224 Seiten, 21,50 Euro
Topfgucken auf Sizilien
Das ganze Buch ist eine Liebeserklärung an Sizilien. Die italienische Insel ist die Heimat der Autorin, die dort geboren, in Köln aufgewachsen und im italienischen Restaurant der Eltern auf den Geschmack gekommen ist. Heute pendelt die Fotografin und Foodstylistin zwischen Deutschland und Sizilien, wohin ihre Eltern nach dem Arbeitsleben in Deutschland zurückgekehrt sind. Aus jeder Seite dieses Werkes, das Rezeptsammlung, Reiseführer und Erzählband in einem ist, spricht Begeisterung fürs Land und seine Köche. Man kann sich gut vorstellen, wie Cettina Vicenzino dem Bauern Davide Amore, dem Sternekoch Giovanni Santoro oder der ehemaligen Klosterschülerin Maria Grammatico ihre Rezepte bei einem Plauderstündchen in der Küche abgeschwatzt hat. Neben Geschichte und Landeskunde gibt’s immer wieder gründliche Materialkunde – beginnend bei den 14 wichtigsten Auberginenarten und ihrem perfekten Einsatz und weiter über das Geheimnis der Pasta alla Norma bis zur Geschichte der panierten Kaktusfeigenschale. Außerdem erfährt man, dass die Betonblöcke vor Agrigents schöner Altstadt diese nur beschützen und wieso es von vielen Gerichten eine Armen- und eine Reichenversion gibt. Großartige Bilder lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen und das Reisefieber steigen: schnell Sizilien sehen und essen. BB
Cettina Vicenzino: Sizilien in meiner Küche Dorling Kindersley Verlag, 240 Seiten, 28 Euro
Rezepte für Spießer
Für die einen ist es nur geschmolzener Käse, in den aufgespießte Brotwürfel getunkt werden. Die anderen halten es für die schönste Form, einen Abend mit Freunden zu verbringen. Käsefondue – das Nationalgericht der Schweizer – ist vielseitiger, als man denkt. Das zeigen die Autoren Arnaud und Jennifer Favre in ihrem Kochbuch „Haute Fondue“. Weil das Jahr gemeinhin 52 Wochen hat und „jede Woche ohne Fondue eine verlorene“ sei, zeigen sie die Kunst des Fondues in 52 Rezepten. Dabei brennen sie ein wahres Ideenfeuerwerk ab und versenken fast alles im Käse: pürierten Kürbis, Grappa, Aprikosen, Ingwer, Zitrone, Honig. Zudem gibt es zig Varianten, den Käse zu mischen. Also an die Gabel, fertig, los! Da gerät schon die Lektüre zum Kurzurlaub in der Schweiz zum Vergnügen. SUR
Arnaud und Jennifer Favre: Haute Fondue Helvetiq Verlag, 176 Seiten, 24,50 Euro
Von Bettina Bernhard