In Südtirol, der Heimat des Gewürztraminers, empfangen herrliche Ausblicke die Besucher. Ein Streifzug durch die Weingüter der Region.
Von Reiner Trabold
Blick über Weinreben auf die Traminer Pfarrkirche.
(Foto: Regina Trabold)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
Ein hinreißend schöner Landstrich. Das Tal des Alto Adige liegt vor dem Betrachter wie ein Bügelbrett. In der Ebene Tausende von Apfelbäumen in Reih und Glied. Die Apfelernte ist an diesen Spätsommertagen im vollen Gang, der Wein längst im Fass. Am Westhang bekommen die Weingärten früh am Morgen die ersten Sonnenstrahlen ab. Der Balkon im Appartement-Haus „Panorama“ thront über dem Städtchen Tramin, dem der Gewürztraminer seinen Namen verdankt. Er hat hier seinen Ursprung, spielt im Weinland an Etsch und Eisack aber eine Nebenrolle.
In Tramin gibt es Produzenten wie das hochdekorierte Weingut von Elena Walch. Die gelernte Architektin wird als Königin des Gewürztraminers gefeiert, ist aber auch für ihren ausgezeichneten Blauburgunder bekannt. Oder Martin Hofstätter, der seinen „Ansitz“ mitten in Tramin gleich neben der Kirche hat. Sein „Joseph“ ist ein intensiv leuchtender, strohgelber, nach Rosenblüten duftender Gewürztraminer.
Was noch vor 20 Jahren als Kalterer See die Supermärkte überschwemmte und verramscht wurde, ist in schlechter Erinnerung und ist kein Vergleich zu dem, was heute von der Mehrzahl der Winzer als Vernatsch angeboten wird. In der Tat hat Südtirol in dieser Zeit den Weg an die Spitze geschafft. Dies gilt vor allem für einen Wein, den es nur hier gibt: den Lagrein.
Christian Werth hat die Kultivierung des Lagrein im Keller der Abtei Muri im Bozener Stadtteil Gries an vorderer Front miterlebt. Er arbeitet seit 1988 im hochangesehenen Weingut der Benediktinerabtei und ist seit mehr als 30 Jahren Kellermeister. „Die Zeit war prägend, und ich habe daran mitgewirkt“, ist Werth überzeugt. Für sein Meisterwerk hat er den 2,5 Hektar großen Abteianger am sonnenbestrahlten Südhang vor bald 15 Jahren mit Lagrein bestockt. Daraus lässt er einen tiefroten, ja fast schwarzen Wein keltern, der nach 26 Monaten im Holzfass als Riserva abgefüllt wird. Im Frühjahr 2018 gingen 10 000 Flaschen in den Verkauf – und sind weg. Der Tropfen machte in der Fachpresse bereits Furore, als er noch im Fass lag.
Keine 300 Meter Luftlinie von der Abtei entfernt befindet sich in Bozen das Weingut von Peter Egger-Ramer. „Wein muss trinkfreudig sein und voll im Trunk“, bringt der Winzer seine Philosophie auf den Punkt. Er weiß, dass der Geschmack des Wein-Volks in den vergangenen 15 Jahren anspruchsvoller geworden ist. Heute dürfe ein Wein nicht mehr „überpoppig“ sein. Das meint nicht zu fett und breit, sondern elegant, harmonisch „Ein bisschen Holz braucht der Wein, aber es sollte nicht vordergründig, noch nicht einmal zu merken sein“, sagt Egger-Ramer. Seine Frau Alexandra habe das Aroma-Feeling. Mit seinem Lagrein hat das Weingut international auf sich aufmerksam gemacht. Den 13er Riserva vom Grieser Weinberg „Kristan“ mit seinen 14 Prozent Alkohol nennt er einen „Meditationswein“. „Kristan“ ist ein 1,5 Hektar großes Stück Weingarten inmitten der Wohnbebauung in Premiumlage von Bozen, umgeben von Häusern und Villen. Würde es Egger-Ramer veräußern, hätte er bis zum Ende seines Lebens ausgesorgt. Aber daran denkt der noch junge Winzer offenbar nicht im Traum. Ausgesuchte Trauben werden auf dem Stadel unterm Dach vom Wind getrocknet, ihr zuckersüßer Most dem Lagrein zugesetzt, wodurch ein voller, samtiger Spitzenwein entsteht. „80 Jahre alte Weinstöcke liefern bestes Traubenmaterial für das schwarze Gold aus Bozen“, begeistert sich Egger-Ramer, der in Heilbronn Önologie studierte. Schon der Großvater, aber auch sein Vater Toni haben an den Lagrein geglaubt, als er noch ein Stiefkind war. Sohn Peter, ehemaliger Profi-Eishockeyspieler, ist davon überzeugt, dass in der Gegend, in der er seinen Ursprung hat, der beste Lagrein wächst.
„Ich habe die Schnauze voll von manipulierten Weinen“, wettert der Traminer Winzer Roberto Ferrari. Er plädiert für Weine mit „Ecken und Kanten“. In Südtirol habe man viel zu lange auf Vereinheitlichung gesetzt, befindet Ferrari, in Tramin Nachbar von Elena Walch. Einen Rebellen könnte man ihn nennen. Er macht den Wein, „wie er mir schmeckt“, nicht so, wie es der Trend will. Das Beispiel Ferrari zeigt, dass die treue Kundschaft das aussucht, was zu ihrem Geschmack passt – und bei der Stange bleibt.
Ferraris Weine sind schlank, aber voller Leben und Power, total durchgegoren, und sie bekommen Zeit zu reifen. In Amphoren liegt der Pinot bianco ein Jahr lang auf der Maische. Mit der Zeit wird den gekelterten Beeren, ihren Häuten und Rappen alles Aroma entzogen. Die Weine kommen fast ohne Schwefelung aus, und der Winzer verspricht trotzdem eine lange Lagerfähigkeit – wenn der Wein nicht vorzeitig getrunken wird.