Eine Ballonfahrt über die Masai Mara ist ein besonderer Höhepunkt der Kenia-Reise. Foto: Win Schumacher Fotomontage: Florian Muskat
( Foto: Win Schumacher
Fotomontage: Florian Muskat)
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Als der Heißluftballon langsam über die Akazienkronen aufsteigt, ist Kenia dann doch ganz so wie im Film. Die afrikanische Sonne bricht durch ein dunkles Wolkenband. Ein weiches Morgenlicht flutet die Masai Mara. Topi-Antilopen und Kaffernbüffel sprenkeln die Grasebene am Fuß der Oloololo-Berge. Eine Hyäne duckt sich ins Dickicht.
In einer der bekanntesten Filmszenen der 80er-Jahre hebt der Großwildjäger Denys Finch Hatton mit seiner Geliebten Karen Blixen im gelben Propellerflugzeug über die Tierherden der Masai Mara ab.
„Es waren auch diese Bilder, die mich nach Kenia brachten“, sagt der englische Ballonführer Christian Wordsworth. „Ich habe den Film als Kind gesehen und schon immer geliebt.“ Vor 30 Jahren kam Sydney Pollacks Hollywood-Film „Jenseits von Afrika“ mit Meryl Streep und Robert Redford in den Hauptrollen in die Kinos. Das mit sieben Oscars ausgezeichnete Melodram um die Liebe der dänischen Schriftstellerin und Farmerin Karen Blixen zu dem englischen Buschpiloten Denys Finch Hatton wurde zu einem weltweiten Publikumserfolg.
Einst gehörten Kenias Nationalparks zu den meistbesuchten Touristenmagneten Afrikas. In den letzten zwei Jahren brach die Zahl ausländischer Besucher aber drastisch ein. Seit dem Überfall auf das Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi im September 2013 kam Kenia nicht mehr zur Ruhe. Der Anschlag der islamistischen somalischen Al Shabaab-Milizen forderte mindestens 67 Menschenleben. Die Anschlagserie riss seither nie für längere Zeit ab. „Terroranschläge hat es in der Masai Mara nie gegeben“, sagt Christian Wordsworth, „die Touristen bleiben dennoch weg.“
Eine Ballonfahrt über die Masai Mara ist ein besonderer Höhepunkt der Kenia-Reise. Foto: Win Schumacher Fotomontage: Florian Muskat Foto: Win Schumacher
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Auch Geparden leben in der Masai Mara. Foto: Win Schumacher Foto: Win Schumacher
Hyänen haben in einem Bachbett einen Kaffernbüffel verschlungen. Foto: Win Schumacher Foto: Win Schumacher
Albert Leboo bricht mit seinem Geländewagen zu einer Pirschfahrt auf. Foto: Win Schumacher Foto: Win Schumacher
Rhoda Lange vom Karen Blixen Museum. Foto: Win Schumacher Foto: Win Schumacher
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„Wir sind jetzt genau an der Stelle, auf die Karen und Denys im Film blicken“, sagt der Ballonführer. Dann befiehlt er den Ausflüglern sich festzuhalten, bevor der Korb unsanft im Savannengras aufsetzt. „Kenia ist und bleibt der Inbegriff vom romantischen Safari-Ziel“, sagt Joss Kent. Der Sohn von Geoffrey Kent, Fotosafari-Pionier und Gründer von Abercrombie & Kent, einem Veranstalter von weltweiten Luxusreisen, wurde in Nairobi geboren und wuchs in Karen, einem Vorort Nairobis auf. „Die Drehorte von Jenseits von Afrika (im Original: Out of Africa) in der Masai Mara waren als Kind mein Spielplatz“, sagt der 46-Jährige. Nur unweit von der Schlussszene in den Oloololo-Bergen liegt das Grab seiner Großeltern. Sie hatten dort eine Farm.
INFORMATIONEN
Anreise: Lufthansa fliegt direkt von Frankfurt und Ethiopian Airlines über Addis Abeba nach Nairobi. Von dort kommt man mit kenianischen Fluglinien wie Safarilink (www.flysafarilink.com) in die Masai Mara und ins Shaba-Schutzgebiet, wo die wichtigsten Filmszenen aus Jenseits von Afrika gedreht wurden.
Unterkunft: Das Kichwa Tembo Tented Camp und die Bateleur Lodge von andBeyond stehen unweit der Drehorte berühmter Filmszenen am Fuß der Oloololo-Berge, www.andbeyond.com. Weitere Filmszenen wurden nahe des Joy’s Camp im Shaba-Nationalreservat gedreht, www.joyscamp.com.
Veranstalter: Neben Safari-Spezialisten wie andBeyond stellt auch der Berliner Veranstalter Windrose Touren durch Kenia auf den Spuren von Jenseits von Afrika zusammen, www.windrose.de.
„Jenseits von Afrika hat dem Safari-Tourismus enormen Aufwind gegeben“, sagt Kent. „Die starke Romantisierung im Film prägt das Bild von Kenia bis heute.“ Als 16-Jähriger erlebte er die Dreharbeiten in Karen selbst. Die Touristen ließen nach der Filmpremiere und Oscar-Prämierung nicht lange auf sich warten. Der Höhenflug der Out-of-Africa-Luxus-Safaris in Kenia wurde erst durch den Ersten Golfkrieg unterbrochen.
„Der Kenia-Tourismus hat viele Höhen und Tiefen erlebt“, sagt Kent. „Aber eine schlimmere Zeit als im Moment haben wir noch nicht erlebt.“ In den letzten beiden Jahren sind die Zahlen der Kenia-Besucher deutlich eingebrochen. „Wir mussten einen Rückgang der Gäste von mehr als 50 Prozent hinnehmen.“ Für die schwierige Situation macht er die Berichterstattung über die Ebola-Epidemie in Westafrika und vor allem die islamistischen Anschläge verantwortlich. Afrika-Reisende seien verunsichert und wichen nach Botswana, Namibia, Südafrika und ins Nachbarland Tansania aus.
„Es ist eine Tragödie“, sagt Kent. „Die Einnahmen aus dem Tourismus sind nicht nur wesentlich, um den Schutz der Wildtiere zu gewährleisten, sie sind auch Lebensgrundlage für die Einheimischen, die um die Reservate leben.“ Der Druck einer stark wachsenden Bevölkerung sorgt schon seit Jahrzehnten für zunehmende Konflikte zwischen Bauern, Viehhirten und Naturschützern. Bleiben die Touristen weg, bricht die Grundlage zum Erhalt der Reservate zusammen.
„Auch wir spüren natürlich die Krise in Folge der Terroranschläge“, sagt Rhoda Lange. Die Kenianerin ist Bildungsbeauftragte am Karen Blixen Museum. „Die Besucherzahlen sind seit dem Westgate-Anschlag eingebrochen, in erster Linie die der ausländischen Touristen.“ Das ehemalige Farmhaus der dänischen Schriftstellerin wurde in Folge der Verfilmung ihrer Memoiren mit dem englischen Originaltitel „Out of Africa“ bereits 1986 als Erinnerungsort ausgebaut und weitgehend in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Blixen lebte hier am Fuße der Ngong-Berge von 1917 bis zu ihrer Rückkehr nach Dänemark 1931.
„Für mich ist Karen Blixen ein großes Vorbild“, sagt Rhoda Lange, „Die Art wie sie sich für die Einheimischen einsetzte, war ganz anders als der Umgang vieler anderer Weißen mit ihnen. Sie verstand sich selbst als Kenianerin und setzte sich für den Erhalt der Natur und der Kultur ein.“
Vom Karen Blixen Museum führt eine Erdpiste durch einen staubigen Township hinauf in die Ngong-Berge, wo Blixen Finch Hatton begraben ließ. Hier hatten sie dem nächtlichen Brüllen der Löwen gelauscht. Heute herrscht Straßenchaos aus hupenden Bussen vor Bretterbaracken und Verschlägen, in denen fliegende Händler Kleidung, Gemüse und Plastikspielzeug verkaufen.
Über das Grab des Großwildjägers wuchern Rosmarin und Dreimasterblumen. Finch Hatton kam beim Absturz seiner Propellermaschine zusammen mit seinem Kikuyu-Boy ums Leben. In der Ferne lässt sich im Dunst die Silhouette Nairobis nur erahnen. Wegen der stark veränderten Landschaft verlegte Sydney Pollack die Beerdigung Finch Hattons in den Ngong-Hügeln kurzerhand in die Oloololo-Berge.
In der Masai Mara bricht am frühen Morgen Albert Leboo von der vornehmen Bateleur-Lodge zu einer Pirschfahrt auf. Ein Spitzmaulnashorn sieht zu, wie der Geländewagen des Massai-Guides sich mühsam den vom nächtlichen Regen ausgewaschenen Weg hinauf in die Oloololo-Berge bahnt. Oben grasen auf einer Anhöhe Zebras und Impalas. Auf dem originalen Filmposter sitzen Meryl Streep und Robert Redford genau hier, einander schweigend zugewandt im wogenden Savannengras.
„Ich finde den Film ja eher langweilig“, sagt Leboo. „Was ich mochte, ist vor allem die Schönheit der Naturaufnahmen.“ Und selbst die ist für den Massai nur eine Perspektive, ein Standbild in einer nicht einzugrenzenden Welt.
Am Abend entdeckt Leboo ein Löwenrudel am Fuß der Oloololo-Berge. Sie haben einen Kaffernbüffel umzingelt und seine Hinterbeine verletzt. Der Bulle bricht erschöpft zusammen. Sein Brüllen ruft die verstreute Herde aus den Weiten der Savanne. Die wütenden Büffel vertreiben die Löwen. Aufopferungsvoll versuchen sie das verletzte Tier aufzurichten. Die Dunkelheit und ein einsetzender Regenschauer drängen Leboo zur Rückkehr in die Lodge.
Am frühen Morgen bricht er erneut auf, um den sterbenden Bullen zu suchen. Nur wenige Kilometer von hier, in der Serengeti, jenseits der Grenze zu Tansania, stauen sich bereits die Safariwagen um die Löwenrudel im ersten Sonnenlicht. Über der Masai Mara aber liegt eine unheimliche Stille. „Hörst du nicht die Hyänen?“, fragt Leboo. In einem Bachbett findet er schließlich den Kadaver des Kaffernbüffels. Mitten im Schlammwasser sieht ihn ein gehörnter Schädel aus leeren Augenhöhlen an. Über Nacht haben die Hyänen das Tier bis auf das Gerippe verschlungen.