
Eine Mainzerin hat vor dem Landgericht gegen den Impfstoffhersteller Astrazeneca geklagt. Sie forderte 150.000 Euro Schadenersatz wegen eines möglichen Impfschadens.
Mainz. Die Urteilsverkündung dauerte nicht einmal eine Minute: In dem Prozess um Schadenersatz wegen eines möglichen Impfschadens nach einer Corona-Impfung hat das Landgericht Mainz am Montagmorgen die Klage gegen den Corona-Impfstoffhersteller Astrazeneca abgewiesen. „Das ist nicht Ihr Ernst“, antwortete die Klägerin, eine Mainzer Zahnärztin, der Richterin.
„Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen“, sagte die sichtlich erschütterte Mainzerin gegenüber Medienvertretern im Anschluss an die Urteilsverkündung. „Mein Impfschaden ist von der Berufsgenossenschaft anerkannt. Wie kann es sein, dass die Klage abgewiesen wird?“ Eine Begründung gab es zunächst nicht. „Die Urteilsgründe werden Ihnen schriftlich zugehen“, sagte Richterin Susanne Gast.
Mein Impfschaden ist von der Berufsgenossenschaft anerkannt. Wie kann es sein, dass die Klage abgewiesen wird?
Der Zivilprozess, der von einem großen Medieninteresse begleitet wurde, ist bislang der erste in der Region, der gegen einen Corona-Impfstoffhersteller verhandelt wird. Die Mainzerin will auf jeden Fall in Berufung gehen. Die nächste Instanz ist das Oberlandesgericht Koblenz.
„Man wird einfach abgebügelt. Und ich habe das Gefühl, es kommt in eine Zermürbungstaktik. Man will es in die Länge ziehen und man hat nicht den Mut, eine Entscheidung auf deutschem Boden zu treffen“, sagte die Klägerin. Sie vermutet, dass die Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof gefällt werden muss. Bei einem Schaden, der so offensichtlich sei, werde der Prozess in die Länge gezogen, nur damit den Geschädigten nicht geholfen werde.
Klägeranwalt: Beweisaufnahme hätte erfolgen müssen
Erst in der vergangenen Woche hatte das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg in einem ähnlichen Fall ganz anders entschieden. Dort hatte eine heute 33-Jährige geklagt, die einige Tage nach der Corona-Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca im März 2021 eine Darmthrombose erlitten hatte. Das OLG hat in diesem Fall weitere Gutachten angefordert, um zu klären, ob Astrazeneca ausreichend über die Nebenwirkung informiert hat.
Die Klägerin aus Mainz hatte vor diesem Hintergrund nicht erwartet, dass das Landgericht so entscheiden würde. „Ich dachte, Mainz schaut nach Bamberg und geht zumindest in die Beweisaufnahme oder erstellt noch ein weiteres Gutachten“, sagte sie. „Es ist unglaublich.“
Dass unbedingt eine Beweisaufnahme hätte erfolgen müssen, betonte Joachim Cäsar-Preller, Anwalt der Klägerin. „Das OLG hat es vorgemacht – die erste zweite Instanz, die sich in Deutschland damit auseinandergesetzt hat.“ Es gehe nicht nur um den eigentlichen Impfschaden, sondern auch darum, dass zum Zeitpunkt der Impfung die Aufklärung, die seitens Astrazeneca erfolgt ist, nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprochen habe. Andere Länder hätten den Impfstoff sehr schnell zurückgezogen, wieder andere hätten ihn gar nicht zugelassen – zum Beispiel die USA. „Das alles hat man hier in Deutschland übersehen.“
Wenige Tage, nachdem die Mainzerin sich hatte impfen lassen, war damals eine auffällige Häufung von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen öffentlich bekannt geworden. Etliche Länder hatten in der Folge die Impfungen mit Astrazeneca unterbrochen. Als Deutschland die Impfungen am 16. März 2021 vorübergehend aussetzte, waren bereits einige Menschen verstorben. Betroffen waren überwiegend Frauen jüngeren bis mittleren Alters.
Cäsar-Preller, der gar kein Verständnis dafür hat, dass man hier „kurzen Prozess gemacht hat“, wies darauf hin, dass die Impfung sowohl beim Fall vor dem OLG Bamberg als auch im Mainzer Fall kurz vorher war – beim Bamberger Fall am 10. März 2021, beim Mainzer Fall am 8. März 2021. Mit Blick auf das Verfahren in Bamberg sagte er: „Die Bedenken, die eine zweite Instanz hat, die müssen hier auch geteilt werden.“
Mainzerin ist seit der Corona-Impfung auf einem Ohr taub
Die 42-jährige Mainzerin klagt gegen den Hersteller Astrazeneca auf Schadenersatz in Höhe von mindestens 150.000 Euro. Die Zahnärztin hatte sich am 8. März 2021 mit dem Impfstoff Vaxzevria des britisch-schwedischen Unternehmens impfen lassen. Bereits kurz nach der Impfung spürte sie ein Kribbeln in der Hand, drei Tage nach der Impfung war sie plötzlich auf dem rechten Ohr taub, hatte Symptome eines leichten Tinnitus und ein Druckgefühl auf dem Auge. Behandelt wurde sie in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Mainzer Universitätsmedizin, wo sie nach eigenen Angaben nicht ernst genommen worden sei. Bis heute besteht der komplette Hörverlust, genauso wie das Taubheitsgefühl im Gesicht bis hinter die Augen. Die Berufsgenossenschaft der Ärzte habe die Taubheit auf dem rechten Ohr inzwischen als Impfschaden anerkannt, hatte die Medizinerin, die lange krankgeschrieben war, beim Prozessauftakt Ende Juni mitgeteilt. Sie hatte auch betont, dass sie vor der Impfung keinerlei gesundheitliche Probleme hatte.
Die Gegenseite hatte beim Prozessauftakt betont, dass der Impfstoff bis heute zugelassen sei. Eine außergerichtliche Einigung hatte Astrazeneca laut dem Anwalt der Klägerin im Vorfeld abgelehnt.