U-Ausschuss Ahrflut: „Das Psychische habe ich unterschätzt”

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Ahrflut, Martin Haller (SPD).

Die Beweisaufnahme des U-Ausschusses zur Ahrflut ist beendet. Im Interview spricht der Vorsitzende Martin Haller (SPD) über die Last der Verantwortung und besondere Momente.

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Herr Haller, laut meinen Mitschriften waren Sie das einzige Mitglied des U-Ausschusses, das alle 42 Sitzungen mitgemacht hat, Woche für Woche, teilweise mit Sitzungen, die länger als 15 Stunden gedauert haben. Wie hart war es teilweise? Physisch wie psychisch?

Man gewöhnt sich da relativ schnell dran, denn man weiß ja, für was und für wen man das macht. Man muss sich auch klar machen: Was wir hier als Ausschuss leisten, ist nur ein winziger Bruchteil dessen, was die Menschen an der Ahr als Herausforderung hatten. Die haben jeden Tag von morgens bis nachts geschuftet. Deshalb war es dem Ausschuss sicherlich zuzumuten, dass wir wöchentlich und auch teils längere Sitzungen hatten.

Und das Psychische?

Ich sage es ganz offen: Wenn ich eines unterschätzt habe, dann definitiv das Psychische. Es gab einige Sitzungen, die sehr intensiv waren. An manchen Vernehmungen hatte ich im Nachgang schon sehr zu knabbern.

Weil das Gesagte der Zeugen Sie bewegt hat?

Ja, da saßen ja oft Menschen vor mir, die von dem Erlebten offensichtlich schwer traumatisiert sind. Menschen, denen man das körperlich auch anmerkt und ansieht. Das macht auch etwas mit einem selbst. Es ist einfach etwas anderes, wenn man etwas in Akten liest oder die Menschen erzählen einem unmittelbar, was sie in der Flutnacht erlebt haben. Manchmal habe ich eine Nacht darüber wachgelegen und nachgedacht. Es gab Aussagen, die werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen.

Können Sie Beispiele nennen?

Das sind die Berichte der Hubschrauberpiloten. Die Piloten, die in den Anfangsstunden des Hochwassers über die Campingplätze geflogen sind und die Menschen von den Dächern ihrer Wohnwagen gerettet haben. Unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Aber auch Schilderungen der Feuerwehrkräfte, die gegen die Fluten gekämpft haben. Hier allen voran der Kamerad, der mit seiner Tochter über Nacht in den Fluten im Auto eingeschlossen war. Das sind alles Geschichten, die sehr intensiv waren und nur ein Bruchteil dessen darstellen, was die Leute da vor Ort erlebt haben.

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In einem Interview vergangenes Jahr hatten Sie einmal gesagt, dass Sie als Vorsitzender stark den „Druck der Verantwortung“ spüren. Wie hatten Sie das gemeint?

Diesen Druck spüre ich nach wie vor. Wir haben erst eine erste Phase des Untersuchungsausschusses abgeschlossen, nämlich die Beweisaufnahme. Jetzt geht es weiter. Ich habe als Ausschussvorsitzender eine Verantwortung den Menschen im Ahrtal gegenüber. Die Menschen blicken mit hohen Erwartungen auf die Arbeit dieses Ausschusses. Das merkt man auch allein an den vielen Zuschriften, die ich von der Ahr bekommen habe.

Nicht nur positive, nehme ich an?

Es war alles dabei. Es gab hochpersönliches, mit Schicksalen, die einen wirklich bewegen, die einen demütig werden lassen, wie man seine Arbeit hier zu machen hat. Es gab auch viele Hinweise von vor Ort, welchen Fragen man mal bei den Vernehmungen nachgehen könnte. Und ja, natürlich auch kritische Rückmeldungen, das gehört auch zur Wahrheit dazu. 

Auf dem Papier soll der U-Ausschuss ein parlamentarischer, überparteilicher Ausschuss sein. War das in den vergangenen Monaten in Rheinland-Pfalz durchgehend der Fall?

Ich glaube, dieser Ausschuss ist ein ganz besonderer und auch im bundesweiten Vergleich mit seiner Arbeit hervorgetreten. Zum einen wegen der Thematik. Wir reden immerhin von 135 toten Menschen. Aber auch, wie wir im Ausschuss miteinander umgegangen sind. Über alle Fraktionen hinweg war das durchweg äußerst kollegial. Aber klar: Der U-Ausschuss ist in erster Linie ein politischer Ausschuss. Dass da niemand sein Parteibuch abgibt, sobald er durch die Eingangstür tritt, ist mir auch klar.

Ab wann haben Sie denn gemerkt, dass dieser U-Ausschuss anders ist, wie Sie gesagt haben? Einer für die Geschichtsbücher?

Das war früh klar, eigentlich schon, bevor es losging. Allein wegen der Dimension des Unglücks. Die Ahrflut ist die größte Katastrophe in der Geschichte unseres Bundeslandes. Es ist sicherlich deshalb auch einer der größten und komplexesten U-Ausschüsse aller Zeiten geworden, vermutlich sogar über die rheinland-pfälzischen Grenzen hinweg betrachtet. Und wir haben auch gesehen: Ein U-Ausschuss ist eine demokratische Urgewalt.

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Sie sagen es, es gab eine Reihe aufsehenerregende Vernehmungen. Unter anderem saßen ihre Parteikollegen, Ministerpräsidentin Malu Dreyer und der SPD-Landesvorsitzende und damalige Innenminister, Roger Lewentz, vor Ihnen im Zeugenstand. Was ist es für ein Gefühl, seine Chefs zu vernehmen?

Da haben Sie eine falsche Sichtweise. Denn streng genommen ist es umgekehrt. Das Parlament ist der Chef der Regierung. Da lege ich Wert drauf. Ich bin jetzt seit 18 Jahren Parlamentarier. Deswegen gab es da meinerseits bei den Befragungen auch kein Störgefühl. Der U-Ausschuss ist ein demokratisch legitimiertes Instrument. Er ist das schärfste Schwert des Parlaments. Und davor haben alle Beteiligten Respekt. Deshalb gab es da für mich bei meinen Befragungen keinen Gedanken daran, wer da gerade vor mir sitzt.

Bei all dem Lob für Ihre Ausschussführung gab es mittendrin vonseiten der Opposition auch Kritik an Ihrer Person. Es hieß, Sie würden bei Befragungen Regierungsmitgliedern Steilvorlagen für vorbereitete Antworten geben. Oder absichtlich Fragen abräumen, damit die Opposition diese nicht mehr stellen kann. Ihre Überparteilichkeit wurde infrage gestellt. Hat Sie das geärgert?

In den Beratungssitzungen des Ausschusses hat mich nie einer auf diese Kritikpunkte angesprochen, deshalb habe ich auch hier keinerlei Störgefühl. Wichtig ist: Ich habe mich als Vorsitzender immer im Rahmen des Untersuchungsausschussgesetzes bewegt. Und der Wissenschaftliche Dienst des Landtags hatte da natürlich auch immer einen ganz genauen Blick drauf. Ansonsten ist es wie immer im Leben: Über Lob freut man sich, über Kritik ärgert man sich. Davon abgesehen: Diese Reaktionen sind vollkommen normal. Es ist ein politischer Ausschuss. Und wenn Sie bei solch einer Ausgangssituation eine Rolle als Ausschussvorsitzender übernehmen, und wollen nur Lob und Anerkennung, dann sind Sie in der falschen Position gelandet. 

Prominenz im Zeugenstand: Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer musste zweimal als Zeugin vor den U-Ausschuss treten.
Der damalige Innenminister, Roger Lewentz (SPD), saß ebenfalls zweimal im Zeugenstand. Wenige Wochen nach seiner zweiten Vernehmung trat er als Innenminister zurück.
Die Ex-Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) wurde einmal befragt. Spiegel war während der Flutkatastrophe rheinland-pfälzische Umweltministerin.

Wie geht es mit dem U-Ausschuss nun für Sie weiter?

Die Erkenntnisse der Vernehmungen werden als Bericht des Vorsitzenden zusammengeführt. Hier reden wir allein schon von über 1000 Seiten. Der Bericht geht dann an die Landtagsfraktionen. Das soll noch vor der Sommerpause geschehen. Die Fraktionen können dann in einer Beweiswürdigung noch Anmerkungen im Bericht anfügen, wenn sie mit einzelnen Passagen nicht einverstanden sind oder Ergänzungen haben. Zum Schluss folgt noch eine Aussprache im Landtag.

Abschlussfrage: War die Arbeit des U-Ausschusses Ihrer Meinung nach erfolgreich?

Das muss die Öffentlichkeit beurteilen. Und ich finde: Das müssen vor allem die Menschen im Ahrtal beurteilen.