
Schon lange soll die Zusammenarbeit mit Muslimen in Rheinland-Pfalz auf vertraglicher Grundlage geregelt werden. Die Gespräche wurden mehrfach unterbrochen. Nun soll es vorangehen.
Mainz. Mit etwa 200.000 Menschen sind Muslime die drittgrößte Religionsgemeinschaft in Rheinland-Pfalz. Zur Stärkung des muslimischen Lebens und des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist die Landesregierung schon seit Jahren bestrebt, die Zusammenarbeit auf einer vertraglichen Grundlage zu regeln. Nun hat der rheinland-pfälzische Ministerrat in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen, dass die Landesregierung die Vertragsverhandlungen mit den vier islamischen Verbänden Ditib Rheinland-Pfalz, Schura Rheinland-Pfalz – Landesverband der Muslime, den Landesverband der Islamischen Kulturzentren Rheinland-Pfalz und Ahmadiyya Muslim Jamat K.d.ö.R nach mehreren Jahren Unterbrechung wieder aufnimmt.
Bildung, Forschung, Begräbnisse und Feiertage
Schwerpunkte der Verhandlungen, die am 1. Juni beginnen sollen, sind der islamische Religionsunterricht, die Einrichtung eines Lehrstuhls für islamische Theologie an der Universität Koblenz, sowie die Themen Seelsorge und Begräbnisse. Es wird aber auch um Fragestellungen wie die Freistellung von zum Beispiel Schülern an islamischen Feiertagen gehen.
„Wir wollen unsere Zusammenarbeit auf einer guten vertraglichen Grundlage regeln“, sagte Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD). Für viele Muslime im Land sei dies ein sehr wichtiges Zeichen der Anerkennung und Gleichbehandlung mit anderen Religionsgemeinschaften, das über Rheinland-Pfalz hinaus Wirkung entfalte.
In einem nächsten Schritt sollen Verhandlungsgruppen gebildet und in der Federführung des Ministeriums für Wissenschaft und Gesundheit (MWG) eine ressortübergreifende Steuerungsgruppe eingerichtet werden. Sie werde einen Zeitplan ausarbeiten, die Beiträge der Verhandlungsgruppen zusammenführen und im Konfliktfall intervenieren, so der Minister, der einen Vertrag auf „Augenhöhe“ avisiert. „Ich bin zuversichtlich, dass der Abschluss bis 2025, also noch in der laufenden Legislaturperiode, erreicht wird“, sagte Hoch.
Vertrag als langfristiges Ziel
Nicht nur die Corona-Pandemie hatte zu Verzögerungen geführt. Aufgrund des Putschversuchs in der Türkei im Sommer 2016 waren die Gespräche ausgesetzt und die eingeholten Gutachten aus dem Jahre 2014 zu den islamischen Verbänden um Zusatzgutachten ergänzt worden, um die hinreichende Unabhängigkeit von Einflüssen Dritter auf die Landesverbände zu untersuchen. Die Gutachter Christoph Bochinger und Stefan Muckel bestätigten das Ergebnis der Erstgutachten, dass es sich bei allen vier Verbänden grundsätzlich um Religionsgemeinschaften handelt.
Die Gutachter empfahlen der Landesregierung zudem, ein Format einzurichten, das die Grundlagen für eine mögliche vertragliche Zusammenarbeit vereinbart und als langfristiges Ziel am Abschluss eines Vertrages mit den vier islamischen Verbänden festhalte. Nur so sei es der Landesregierung rechtlich möglich, auf der Basis von gemeinsamen Vereinbarungen Veränderungsprozesse zu initiieren, ohne das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften zu verletzen.
Die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion und Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im rheinland-pfälzischen Landtag, Marion Schneid, begrüßt, dass der Zielvereinbarungsprozess „endlich wieder an Fahrt aufnimmt.“ Entscheidend sei, dass die Kooperationspartner, mit denen verhandelt wird, zuverlässig und staatlich unabhängig sind – insbesondere mit Blick auf den islamischen Religionsunterricht. „Wir erinnern uns an die Probleme mit Ditib“, mahnt Schneid. „An unseren Schulen darf es keinerlei Beeinflussung geben – das gilt für den Religionsunterricht, wie für alle anderen Bereiche.“ Deshalb müsse Rheinland-Pfalz endlich anfangen, islamische Religionslehrerinnen und -lehrer für eben jenen Unterricht selbst auszubilden.