Corona macht erfinderisch: Das Bildungsministerium ruft dazu auf, sich freiwillig bei kommunalen Gesundheitsbehörden zu melden. Es geht vor allem um Verwaltungsaufgaben.
MAINZ. Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium ruft seine Lehrer auf, in der Corona-krise den Gesundheitsdienst freiwillig zu unterstützen. In einem Schreiben der Schulaufsichtsbehörde ADD, das dieser Zeitung vorliegt, ist die Rede von Verwaltungsaufgaben in Gesundheitsämtern, Fieberambulanzen und Seniorenheimen, die Besetzung von Hotlines oder Medien- und Öffentlichkeitsarbeit.
„Jeder Mensch wird gebraucht – aus allen Bereichen, auch von Schulen“, schreibt die ADD. Lehrkräfte sollen sich mit Hilfe von Fragebögen melden und gegebenenfalls medizinische Fachkompetenzen angeben. Die Daten gehen an das Gesundheitsministerium, das dann den Einsatz in den Kommunen regelt. Von schulischen Verpflichtungen, die trotz der Schließung grundsätzlich weiter erfüllt werden müssen, wären diese Lehrkräfte dann vorübergehend befreit.
Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte dieser Zeitung, es handele sich um eine Solidaritätsaktion, für die sich schon viele Lehrkräfte gemeldet hätten: „Darauf bin ich sehr stolz.“ Insgesamt sind im Land 42 000 Lehrer beschäftigt, damit verfügt das Bildungsministerium über den größten Pool an Beamten neben dem Innenministerium, dessen Polizisten derzeit naturgemäß für andere Aufgaben unabkömmlich sind. Hubig betonte: „Es ist eine vollkommen freiwillige Unterstützungsleistung.“ Die Lehrer würden ihren Qualifikationen entsprechend in angemessenen Aufgabenfeldern eingesetzt. „Wir schicken sicher keine Lehrer in Krankenhäuser.“ Alles geschehe in Abstimmung mit den Schulleitungen – und auch nur dann, wenn Lehrer für den immer noch laufenden Betrieb nicht benötigt würden.
Zuspruch gab es von den Arbeitnehmerverbänden. „Ich kann das nachvollziehen“, sagte der GEW-Vorsitzende Klaus-Peter Hammer, „wir leben schließlich in ungewöhnlichen Zeiten.“ Eine mögliche Dienstverpflichtung sieht Hammer allenfalls im Falle einer extremen Notlage als angemessen an – „und von der sind wir noch weit entfernt“.
„Ich finde das nicht problematisch, sondern vorausschauend“, meinte auch Cornelia Schwartz, Vorsitzende des Philologenverbandes. Man solle lieber jetzt auf freiwilliger Basis appellieren, anstatt später zu Zwangsmaßnahmen greifen zu müssen. Wichtig bleibe aber, dass nicht der Eindruck entsteht, Lehrkräfte seien wegen der Schulschließungen frei verfügbar: „Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Lehrer derzeit nicht total unterbeschäftigt sind.“
Von Ulrich Gerecke