Panne beim Zensus: Viele Bürger erhalten Mahnbriefe

In diesem Jahr läuft wieder die Zensus-Studie. In Rheinland-Pfalz gibt es zurzeit Chaos um Mahnbriefe.  Foto: Statistische Ämter

Chaos bei der Zensuserhebung in Rheinland-Pfalz: Das Statistische Landesamt hat Mahnungen über insgesamt 45 Millionen Euro verschickt – teilweise zu Unrecht, wie jetzt herauskommt.

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BAD EMS/MAINZ. Der Ärger ist groß: In den sozialen Netzwerken beschweren sich derzeit viele Rheinland-Pfälzer, dass sie oder Familienmitglieder per Einschreiben einen Mahnbescheid erhalten haben. Der Grund für die Mahnung: Angeblich sollen die Adressaten trotz zweifacher Aufforderung des Landes nicht am „Zensus 2022“ teilgenommen haben – ihnen droht ein Zwangsgeld von 300 Euro, falls sie nicht bis zum 17. August die eingereichten Fragen beantworten. Woher nun der Ärger? Viele Betroffenen beschweren sich im Internet, dass sie ihre Antworten bereits abgeschickt oder niemals eine Aufforderung erhalten haben. Eine Frau berichtet sogar, dass sie eine Mahnung für ihren inzwischen verstorbenen Vater erhalten habe.

Überschneidung von Daten

Zuständig für das Sammeln der Zensus-Daten ist das Statistische Landesamt in Bad Ems, unter der Leitung von Präsident Marcel Hürter. In einer Pressemitteilung des Landesamtes heißt es, dass rund 1,3 Millionen Wohneigentümer in Rheinland-Pfalz zur Gebäude- und Wohnungszählung im Rahmen des Zensus 2022 angeschrieben worden sind. 88 Prozent hätten sich zurückgemeldet. Die übrigen zwölf Prozent, also rund 156.000 Wohnungseigentümer, hätten indes Mahnschreiben erhalten. Hürter räumt ein: „Es gibt Fälle, in denen sich der Eingang der Meldung und der Versand des Mahnschreibens überschnitten haben.“ Zu den Fällen, in denen Mahnungen ausgestellt wurden, obwohl die Personen zuvor keine Aufforderung zur Teilnahme erhalten haben, teilt Hürter mit: „Wir bedauern sehr, dass es offenbar Fälle gibt, in denen weder Erstanschreiben noch Erinnerungsschreiben die Adressaten erreicht haben, und werden das mit unseren Zustelldienstleistern klären.“

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Ein Vorgang, der nur schwer nachzuvollziehen ist für Joachim Streit, Vorsitzender der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktion der Freien Wähler (FW). Streit sagt zu dem Vorfall: „Als langjähriger Behördenleiter kann ich nur mein Unverständnis über den Präsidenten des Statistischen Landesamtes aussprechen. Das muss mir als Behördenleiter doch auffallen, dass da was nicht stimmt, wenn es 150.000 Betroffene gibt – oder er hat erst gar nicht geschaut, das ist dann noch schlimmer.“ Streit rechnet vor, dass das Land den Bürgern drohe, bei 150.000 Mahnbescheiden à 300 Euro derzeit rund 45 Millionen Euro an Zwangsgeldern zahlen zu müssen, und das teilweise zu Unrecht. „Gleichzeitig ist das Land bei der Auszahlung von Coronahilfen und Flutgeld äußerst genau“, kritisiert der FW-Chef.

Hotline ist stark überlastet

Wie das Statistische Landesamt mitteilt, ist aufgrund der vielen falschen Mahnungen die Telefonhotline des Amtes derzeit stark überlastet. Betroffene, die sich wegen der knappen Frist bis zur Zahlung des Zwangsgeldes sorgen, versucht Hürter deshalb zu beruhigen: „Wir werden im weiteren Verfahren darauf achten, dass niemandem zu Unrecht ein Zwangsgeld auferlegt wird“. Hürter verteidigt allerdings auch den Versand der Mahnschreiben in den Sommerferien mitsamt der knappen Rückmeldefrist von 14 Tagen. Dieses Vorgehen sei angesichts des engen Zeitrahmens des Zensus 2022 unumgänglich gewesen.

Menschen, die zu Unrecht gemahnt wurden, obwohl sie den Fragenkatalog bereits beantwortet haben, bittet das Statistische Landesamt, sich per E-Mail an kontakt-zensus@statistik.rlp.de zu wenden oder per Post an: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Sachgebiet Zensus, 56126 Bad Ems.