Nur eineinhalb Jahre geben sich das Land und die vier islamischen Verbänden Zeit, um einen grundlegenden Vertrag auszuhandeln. Es geht unter anderem um Religionsunterricht.
Mainz. Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD) hat das Auftakttreffen mit den vier islamischen Verbänden über einen grundlegenden Vertrag in Rheinland-Pfalz als sehr vertrauensvoll und konstruktiv bezeichnet. Ein wichtiger Bestandteil der Gespräche sei gewesen, wie mit den Religionsgemeinschaften möglicherweise ein gemeinsamer Religionsunterricht erreicht wird, sagte der Minister am Montagabend in Mainz. Keiner der Verbände sei groß genug, flächendeckend ein solches Angebot zu organisieren.
In dem Vertrag werde jedoch nicht festgelegt, wie der islamische Religionsunterricht in Rheinland-Pfalz konkret ausgestaltet wird, betonte der Minister. Es gehe nur um den Weg, wie es zu einem Curriculum für diesen Unterricht kommen kann.
Die Verhandlungen zwischen dem Land und vier islamischen Verbänden waren nach mehrjähriger Unterbrechung wieder aufgenommen worden. Nun sei nur in Ansätzen definiert worden, um welche Themen es bei den Gesprächen gehen soll. Als Beispiele nannte Hoch Begräbnisvorschriften oder Seelsorge in Gefängnissen. Ziel der Landesregierung und der Islamverbände ist, bis 2025 einen Vertrag auszuhandeln.
200.000 Muslime Leben in Rheinland-Pfalz
Die vier Verbände sind neben der Schura die Islamische Religionsgemeinschaft Ditib Rheinland-Pfalz, der Landesverband Islamischer Kulturzentren Rheinland-Pfalz (LVIKZ) und Ahmadiyya Muslim Jamaat. Bei der Schura handelt es sich um einen Zusammenschluss von 16 Moscheegemeinden aus unterschiedlichen Kulturen. Ditib zählt rund 30.000 Mitglieder im Land. Insgesamt leben rund 200.000 Muslime in Rheinland-Pfalz.
Die CDU-Opposition forderte zum Religionsunterricht, dass die Kooperationspartner zuverlässig und staatlich unabhängig sind. „An unseren Schulen darf es keinerlei Beeinflussung geben“, mahnte die Kulturexpertin der CDU-Landtagsfraktion, Marion Schneid.
Religionsverfassungsrecht hin oder her, das Land Rheinland-Pfalz ist finster entschlossen, Erdogans Fußtruppen mal kräftig aufzuwerten.
Rheinland-Pfalz müsse damit anfangen, islamische Religionslehrerlehrer selbst auszubilden. „Wir brauchen einen eigenen Lehrstuhl für islamische Religion in Rheinland-Pfalz“, erklärte Schneid und verwies auf die Universität in Koblenz. Bei einer Ausbildung an staatlichen Hochschulen sei die nötige Unabhängigkeit der Pädagogen sichergestellt, ergänzte CDU-Landeschef Christian Baldauf.
Auch die AfD-Landtagsfraktion äußerte Kritik. „Dass die Verhandlungen tatsächlich ergebnisoffen geführt werden, ist wenig glaubhaft“, meinte der bildungspolitische Sprecher Joachim Paul. Gerade bei Ditib seien immer Verbindungen in den Extremismus zutage getreten. Die Landesregierung sei seiner Ansicht nach geübt im Wegschauen und halte aus wahltaktischen Gründen an dem Projekt fest.
Heftige Kritik am Vorgehen der Landesregierung
Vor allem Ditib steht immer wieder wegen seiner Nähe zur Regierung in Ankara und seiner demokratiefeindlichen Haltung unter Kritik. Diese äußerte auch Volker Beck, ehemaliger Grünen-Bundestagsabgeordneter, heute Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und Dozent am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der Uni Bochum. „Religionsverfassungsrecht hin oder her, das Land Rheinland-Pfalz ist finster entschlossen, Erdogans Fußtruppen mal kräftig aufzuwerten. Ein Schlag ins Gesicht aller türkischen und türkischstämmigen Demokrat:innen“, schrieb Beck auf Twitter.
Bereits vor zwei Jahren machte er in einem Interview mit dieser Zeitung seine Haltung deutlich. „Bei Ditib ist alles auf zentrale Steuerung ausgelegt“, sagte Beck damals. Es könne nichts passieren, was Ankara oder der Zentrale in Köln missfalle.
Beck schlug in dem Gespräch eine Kooperation auf Distanz nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen vor. Das Land biete islamischen Religionsunterricht an, ersetze aber die Rolle der Organisationen wie Ditib oder Schura durch eine Kommission, in der diese vertreten seien.