Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister hat eine Gesundheitskonferenz in Bayern abgesagt – und dafür viel Kritik geerntet. Jetzt auch von einem Ministerkollegen.
Mainz. Die Kritik am rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) reißt nicht ab. Vergangene Woche hatte Hoch bekannt gegeben, nicht an einer Gesundheitskonferenz in Bayern teilnehmen zu wollen – weil dort auch der umstrittene bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zugegen sei. Die Entscheidung hatte in der Landtagsopposition zu harscher Kritik geführt. Mit Unverständnis reagierte nun auch Grünenpolitiker Manfred Lucha (Grüne), Gesundheitsminister von Baden-Württemberg. Im Interview mit dem Fernsehsender SWR sagte Lucha, dass er Hochs Absage als „ein bisschen als überzogen“ ansehe.
Hoch hatte seine Absage an der sogenannten Südschienenkonferenz damit begründet, dass es seiner Meinung nach „kein geeigneter Zeitpunkt für gemeinsame politische Gespräche“ sei. Aiwanger, Wirtschaftsminister von Bayern, war Ende August wegen seines Umgangs mit einem antisemitischen Flugblatt bundesweit in die Kritik geraten. Deshalb und „wegen der Nähe zur bayerischen Landtagswahl“ habe Hoch auf eine Teilnahme verzichtet. Auf der Konferenz hatten sich in dieser Woche Wirtschaftsminister und Gesundheitsminister aus den südlichen Bundesländern unter anderem über Lieferprobleme bei Arzneimitteln ausgetauscht.
Grünenpolitiker Lucha, auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz, hätte sich gewünscht, dass sämtliche Minister der Landesregierungen an den Gesprächen teilnehmen. „Wir haben in diesem Jahr sehr viele Aktivitäten zur Pharma-Sicherung und Arzneimittelversorgung gemacht, und dieses Thema ist sehr wichtig.“ Dass die Affäre rund um das Flugblatt die Arbeit der Konferenzteilnehmer beeinflussen könnte, davon ging Lucha vor dem Treffen nicht aus. „Ich gehe davon aus, dass wir themenspezifisch arbeiten – das ist der Aufgabe dieser Konferenz.“ Das Causa Aiwanger spiele indes keine Rolle, so Lucha, der zudem darauf hinwies, dass der Hauptansprechpartner für Gesundheitsminister in Bayern ohnehin nicht der Wirtschaftsminister sei, sondern eben der Gesundheitsminister. In Bayern ist das Klaus Holetschek (CSU).
Auch die rheinland-pfälzische Landtagsopposition hatte vergangene Woche Gesundheitsminister Hoch mit deutlichen Worten für seine Entscheidung angegriffen. Christoph Gensch, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, hatte den SPD-Politiker als „irrlichternden Moralapostel“ bezeichnet und ihn aufgefordert, „seine Aufgaben als rheinland-pfälzischer Gesundheitsminister wahrzunehmen“. Laut Gensch sei das Thema der Arzneimittelversorgung derart bedeutend, dass er kein Verständnis dafür habe, dass der Minister seine Teilnahme an der Konferenz absage. „Ich habe auch kein Verständnis dafür, dass der Minister glaubt, die Integrität anderer Minister bewerten zu können, deren Teilnahmeberechtigung an Konferenzen infrage zu stellen und seine eigene Teilnahme davon abhängig zu machen.“
Opposition bezeichnet Absage als „verantwortungslos“
Jan Bollinger, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, teilte ebenfalls mit, dass er Hochs Absage „verantwortungslos“ finde. „Wir fordern Herrn Hoch auf, die Medikamentenversorgung und die Gesundheit unserer Bürger in den Mittelpunkt zu stellen und seine Verpflichtungen zu erfüllen, statt sich mit einer hypermoralisch aufgeladenen Begründung in den bayerischen Landtagswahlkampf einzumischen“, so Bollinger.