Bei den Testkapazitäten gibt es in Rheinland-Pfalz wieder mehr Luft. Nach Ausbrüchen in Schlachthöfen nimmt das Land zudem die Erntehelfer noch einmal genauer in den Blick.
MAINZ. Aktuell gibt es in Rheinland-Pfalz durchaus freie Testkapazitäten für das neue Coronavirus. „Pro Tag sind 6.200 Tests in Rheinland-Pfalz möglich“, erklärte Staatssekretär Alexander Wilhelm (SPD) im Gesundheitsausschuss. Die Abstrichzahlen lägen derweil bei zirka 1.500 am Tag. Dazu kämen dann noch die Abstriche, die die niedergelassenen Ärzte durchführten. Insgesamt könne man aber sagen, die Testzahlen bei den Fieberambulanzen gehen nach unten.
Bei der Frage nach großflächigen Testungen in der Bevölkerung zeigte sich Prof. Bodo Plachter, stellvertretender Direktor der Virologie der Mainzer Unimedizin, aber dennoch zurückhaltend. Das aktuelle PCR-Verfahren sei relativ aufwändig: Für größere Testungen bräuchte man nicht nur die entsprechenden personellen Ressourcen, sondern es sei auch schwierig, was den Nachschub solcher Tests angehe. Auch für größere Antikörper-Tests sei die Zeit noch nicht reif, weil momentan die „Durchseuchung in der Bevölkerung noch nicht so hoch“ sei. Interessant könnte eventuell werden, künftig auch die Proteine des Erregers im Rachenabstrich nachzuweisen, was durchaus einfacher vom Test her wäre, auch wenn dieser nicht so sensibel wie die jetzigen PCR-Tests sei. „Aber das ist noch Zukunftsmusik“, sagt Plachter. Den Vertretern von Heimen und Wohngruppen mit vulnerablen Gruppen ist derweil wichtig, dass möglichst bald geklärt wird, wer die Kosten für vorsorgliche Tests übernimmt, machten sie im Ausschuss klar. Hier könnte es am Freitag eine entsprechende Verordnung vom Bundesgesundheitsministerium geben, erklärte Staatssekretär Wilhelm.
Geringe Infektionszahlen im Land
Insgesamt sieht der Mainzer Virologe Plachter derweil eine Abnahme der Neuinfektionen im Land, auch wenn es Schwankungen gebe, die man beachten müsse. Zudem seien die Zahlen in Rheinland-Pfalz im Vergleich mit anderen Bundesländern noch relativ niedrig. Mit einzelnen Ausbrüchen etwa in Altenheimen oder wie aktuell in fleischverarbeitenden Betrieben in NRW müsse man allerdings weiterhin rechnen und es sei besonders wichtig, jeweils schnell zu reagieren. Staatssekretär Wilhelm wies darauf hin, dass man mit Blick auf die Corona-Ausbrüche in Schlachtereien etwa in Nordrhein-Westfalen nun in Rheinland-Pfalz auch noch einmal genauer überprüfen wolle, wie die Situation bei den Erntehelfern sei. So frage man aktuell bei den Gesundheitsämtern ab, ob es Coronafälle auf Höfen gebe und ob die Auflagen dort auch eingehalten werden.
Was die Suche nach einem Impfstoff angeht, denkt der Mainzer Virologe Plachter, dass es Anfang nächsten Jahres soweit sein könne, dass ein solcher vorhanden ist und man zumindest einzelne Bevölkerungsgruppen damit versehen könnte. Screenings auf das Coronavirus in Musterregionen in Rheinland-Pfalz zu wissenschaftlichen Zwecken hält er schließlich nicht für sinnvoll. Aufgrund der geringen Infektionszahlen im Land müsste man viel testen, um in einen statistisch verwertbaren Bereich zu gelangen.
Ausnahmen bei der Betreuung psychisch Kranker?
Regina Seibel-Schnell von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege machte derweil deutlich, dass die Errungenschaften der Inklusion durch die Pandemie nicht zunichte gemacht werden dürften und erwartet, eine weitestmögliche Umsetzung der Teilhabe auch für Risikogruppen in den nächsten Wochen. So sei etwa ein Problem, dass eine Tagesstruktur in Tagesstätten für psychisch schwer erkrankte Menschen durch den Lockdown seit Wochen nicht mehr gegeben sei. Man habe daher eine Notbetreuung eingerichtet, für die Fälle, „wo es brennt“. Nach der jüngsten Verordnung von Anfang Mai dürften aber einige Besucher nicht mehr kommen, weil sie zu den Risikogruppen von Corona gehören. „Wir hoffen, dass wir da schnell eine Ausnahmegenehmigung bekommen, um psychische Zusammenbrüche zu verhindern, die stationär behandelt werden müssen.“
Die Vertreter der Pflegegesellschaft berichteten derweil vom großen Druck auf die Pflegekräfte in der aktuellen Situation. Vor allem auch die Zeit des strikten Besuchsverbots in Altenheimen seien sehr harte Zeiten gewesen, weil die Pfleger versuchen mussten, fehlende Kontakte zu kompensieren. Daher sei man froh über die jetzigen Lockerungen, auch wenn die Geschwindigkeit der Verordnungen und der entsprechenden Prozesse, die angepasst werden müssten, für die Einrichtungen nicht einfach seien. Zudem betonten sie, müsse jedes Heim für sich und in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt regeln, welche Frequenz von Besuchen möglich sei, schließlich seien sowohl personelle als auch räumliche Ressourcen nötig, um die Besuche zu ermöglichen und alle auf die neuen Schutz-Regelungen einzustimmen.