Durch die Klimakrise werden Trockenperioden künftig zunehmen und der Wasserbedarf steigen. Wie das Land Hessen die Wasserversorgung fit für die Zukunft machen will.
WIESBADEN. WIESBADEN. Es war ein langer und trockener Sommer. Während die Klimakrise solche Dürreperioden in Zukunft weiter befeuert, steigt gleichzeitig die Nachfrage nach Wasser, das aufgrund der klimatischen Veränderungen knapper wird. Auch Nutzungskonflikte darüber, wem wieviel Wasser zusteht, nehmen zu. Wie die Wasserversorgung in Hessen dennoch zukünftig gewährleistet werden kann, darüber hat sich nun das Land Hessen im Zukunftsplan Wasser Gedanken gemacht. Dabei geht es vor allem um die Neubildung und Sicherung von Grundwasser und zusätzliche Einsparungen durch eine verstärkte Nutzung von Brauchwasser.
Grundwassermenge muss stabil bleiben
So geht es im ersten Handlungsfeld auch direkt darum, die Menge an Grundwasser stabil zu halten. Dazu ist es wichtig, sich vor Augen zu rufen, dass ein Großteil des Trinkwassers im Rhein-Main-Gebiet in der eigentlich wasserreichen Region Hessisches Ried gewonnen wird. Doch gerade in den starken Bedarfszeiten während eines trockenen Sommers kämpfen Wasserversorger auch hier damit, den Grundwasserpegel stabil zu halten. Aktuell wird im Ried gezielt Rheinwasser künstlich versickert, um diese Stabilität zu gewährleisten. Weil aber auch der Rhein in den Sommermonaten inzwischen häufiger mit Niedrigständen Schlagzeilen macht, soll die Versickerung insbesondere in den niederschlagsreichen Wintermonaten passieren. Bis das Wasser im Grundwasser ankommt, könne es je nach Bodenbeschaffenheit jedoch Jahre dauern, teilt das hessische Umweltministerium auf Nachfrage dieser Zeitung mit.
Um die Grundwassermenge zu stärken, sollen außerdem Flächen entsiegelt werden. Zudem soll die Renaturierung von Auen und Mooren, die wie Schwämme für Wasser funktionieren, inklusive zusätzlicher Überschwemmungsflächen umgesetzt werden. Auch Misch- und Buchenwälder können dabei helfen. Denn während in einem Buchenwald rund 50 Prozent des Regenwassers in den Boden und damit ins Grundwasser gelangen, sind es in einer Fichtenmonokultur gerade mal um die 30 Prozent.
Um die Grundwassermenge weiter zu entlasten, sieht der Zukunftsplan Wasser außerdem vor, dass in Land- und Forstwirtschaft keine gezielten Entwässerungsmaßnahmen wie das Anlegen von Gräben mehr durchgeführt werden sollen. Zudem soll das Auffangen von Regenwasser für Löscharbeiten oder in Zisternen zur Gartenbewässerung weiter ausgebaut werden.
Im zweiten Handlungsfeld geht es vor allem darum, die Qualität des Wassers zu erhalten. So soll es zum Beispiel vor dem Eintrag von Stickstoffen oder Phosphaten geschützt werden, die durch den Boden in das Grundwasser gelangen können.
Dafür setzt Hessen weiter auf Trinkwasserschutzgebiete und ausgewiesene Wasservorrang- und -vorbehaltsgebiete in regionalen Flächennutzungsplänen. Außerdem sollen eine naturnahe Wald- und Forstwirtschaft sowie die weitere Förderung der ökologischen Landwirtschaft, die bis 2025 immerhin einen Anteil von 25 Prozent der Landwirtschaft in Hessen ausmachen soll, ihren Teil zur Erhaltung der Wasserqualität beitragen. In der Landwirtschaft soll daher das Beratungsangebot zum ökologischen Anbau ausgeweitet werden. Auch zusätzliche Kontrollen der Vorgaben des Düngerechts sind geplant.
Im dritten Handlungsfeld geht es um eine möglichst effiziente Wassernutzung. Dafür beauftragt das Land die Kommunen, eigene Wasserkonzepte zu erarbeiten. Darin sollen Ausbaumöglichkeiten der Wasserbeschaffung und alternative Nutzungsmöglichkeiten vorhandener Ressourcen geprüft werden. Auch Verbundsysteme zum Wasseraustausch zwischen Kommunen, sowie Konzepte der gemeinsamen und mehrfachen Nutzung in Industrie und Landwirtschaft sind vorgesehen.
Freie Wasserentnahme auf dem Prüfstand
Außerdem soll wertvolles Trinkwasser durch gezielte Einsparungen und eine verstärkte Nutzung von Brauchwasser gespart werden. Um das zu erreichen, sollen Verbraucher mehr für das Thema sensibilisiert werden. In Gebäuden der öffentlichen Verwaltung soll zudem verstärkt auf Spargeräte im Bereich der sanitären Anlagen gesetzt werden. Und auch Landwirte sollen mittels durchdachter Sortenwahl und Fruchtfolge Wasser einsparen. Zudem sollen bisher genehmigungsfreie Wasserentnahmen bis zu 3600 Kubikmetern überprüft werden. Von diesen lediglich anzeigepflichtigen Entnahmen können aktuell Privathaushalte, Land- und Forstwirtschaft sowie andere gewerbliche Betriebe Gebrauch machen. Nun sollen die unteren Wasserbehörden in einem ersten Schritt Daten zu diesen Entnahmen sammeln, damit sie nach ihrer Relevanz bewertet und gegebenenfalls „weitergehende Schritte“ eingeleitet werden können.
Die letzten beiden Aspekte beschäftigen sich mit der verstärkten Zusammenarbeit zur nachhaltigen Nutzung der Ressource Wasser über die Grenzen der Bundesländer hinweg und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Hierunter fallen auch die Kosten für Wasser. So sollen, falls nötig, rechtliche Änderungen umgesetzt werden, um die Möglichkeit eines variablen Anteils im Wasserpreis zur Berücksichtigung „umwelt- und rohstoffschonender Lenkungszeile“ zu schaffen.
Trotz all dieser Maßnahmen heißt es im Zukunftsplan Wasser, dass Grundwasser zeitweise in Teilregionen zu einem knappen Umweltgut werden könne. Es gilt daher wohl mehr denn je auch ans Wassersparen zu denken, das infolge der Energiekrise nun aber ganz automatisch in vielen Haushalten bereits mitgedacht wird.