Die Testpflicht bei der Rückkehr nach einer Infektion ist offenbar vom Tisch: Die Bundesregierung hat die umstrittenen Corona-Regeln für Kita- und Schulkinder gekippt.
BERLIN. Der Widerstand der Bundesländer gegen neue Corona-Regeln für Kinder und Jugendliche war offenbar erfolgreich: Für die Rückkehr in Schule oder Kita nach einer Corona-Infektion oder nach einem bloßen Verdacht ist nun doch kein negativer Test oder „Gesundschreibung“ nötig. Diese geplante, neue Auflage ist nach einem „Bild“-Bericht kurz vor der Abstimmung im Bundesrat zu den neuen Coronaregeln im Herbst gekippt worden. Sie hätte strengere Regeln für Kinder und Jugendliche als für Erwachsene im Berufsleben bedeutet.
Kritik an den entsprechenden Gesetzesplänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte es quer durch alle Landesregierungen gegeben, auch in Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK), die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU), hatte die Pläne eine „Katastrophe für Schülerinnen und Schüler“ genannt. Nun sagte sie der „Bild“: „Ich bin erleichtert und dankbar, dass es gelungen ist, mit einer gemeinsamen, massiven Intervention der Kultusminister und vieler Ministerpräsidenten diesen Irrweg zu stoppen.“
Hintergrund: An diesem Freitag stimmt der Bundesrat über die neuen Corona-Regeln für den Herbst ab. Dazu gehört unter anderem eine bundesweite FFP2-Maskenpflicht in Fernzügen, Kliniken, Heimen und Arztpraxen von 1. Oktober bis 7. April. Der Bundestag hat das neue Infektionsschutzgesetz bereits vergangene Woche verabschiedet, nun sind die Bundesländer dran. Doch vor allem in unionsregierten Bundesländern gab es bis zuletzt Widerstand gegen die von Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ausgehandelten Pläne. Einige Länder hatten angekündigt, dem neuen Gesetz so nicht zustimmen zu wollen – auch die hessische, schwarz-grüne Landesregierung hatte dies am Donnerstagmittag auf Anfrage dieser Zeitung offengelassen. Die Ampelregierung in Rheinland-Pfalz hatte zwar ebenfalls bis zum Schluss Beratungsbedarf, beabsichtige aber zuzustimmen, hieß es am späten Donnerstagnachmittag aus der Staatskanzlei.
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Hauptstreitpunkt vor der Abstimmung im Bundesrat am Freitag waren die geplanten Auflagen für Kinder und Jugendliche. Mit der Neuregelung sollte Corona in eine im Infektionsschutzgesetz aufgeführte Liste besonders ansteckender Infektionskrankheiten aufgenommen werden. Und stünde damit künftig in einer Reihe mit Cholera, Masern, Keuchhusten oder der Pest. Personen, die krank sind oder bei denen ein Verdacht besteht, dürften Schulen oder Kitas demnach nur mit ärztlichem Attest oder negativem Test betreten. Also bräuchten Schüler und Kita-Kinder auch bei Corona-Verdacht – damit etwa auch bei Schnupfen oder Husten – oder nach einer Infektion eine „Gesundschreibung“ oder einen offiziellen Test, um die Einrichtung besuchen zu können. Nun wird dies aber wieder zurückgenommen: Laut “Bild” wolle die Bundesregierung bei der heutigen Abstimmung eine Protokollerklärung abgeben, wonach Covid 19 wieder aus der genannten Liste gestrichen werden soll. Dies solle in der Bundesratssitzung am 7. Oktober geschehen.
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Deutliche Kritik an den ursprünglichen Plänen hatte es aus vielen Bundesländern gegeben, auch aus Hessen: „Unsere Position in dieser Frage ist klar: Für Kinder und damit auch für Schülerinnen und Schüler in Hessen sollen auch weiterhin keine strengeren Corona-Regeln oder Maßstäbe gelten als für alle anderen auch“, sagte ein Sprecher der Landesregierung gegenüber dieser Zeitung. „Das muss auch mit Blick auf den Schulbesuch sichergestellt werden.“ Auch Rheinland-Pfalz, wo wie im Bund ein SPD-Minister – Clemens Hoch – das Gesundheitsressort leitet, hatte deutlich vernehmbare Bauchschmerzen bei den bis dato vorgesehenen Regeln für Schüler. “Für uns ist vollkommen klar, dass Kinder und Jugendliche nicht schlechter als Erwachsene und der Schul- und Kitabereich nicht schlechter als der Rest der Gesellschaft behandelt werden darf“, ließ Regierungssprecherin Andrea Bähner wissen. Diese Gruppe habe in den vergangenen zwei Jahren der Pandemie enorme Einschränkungen erfahren müssen. Insofern müsse auch aus rheinland-pfälzischer Sicht beim Infektionsschutzgesetz nachgebessert werden. Dazu sei man „mit der Bundesregierung bereits im Gespräch und zuversichtlich, eine Veränderung herbeiführen zu können“, so lautete die Aussage am späten Donnerstagnachmittag.