Die seltene Erkrankung „Morbus Osler“ macht sich durch Nasenbluten bemerkbar. Ein Darmstädter Arzt klärt auf.
Von Karin Walz
Ist Spezialist für Gefäßfehlbildungen wie „Morbus Osler“: der Darmstädter HNO-Arzt Behfar Eivazi.
(Foto: Guido Schiek)
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DARMSTADT - Nasenbluten – in den meisten Fällen ist das völlig harmlos. Nicht so hingegen bei Eva Maria Dantzer. Bei ihr tritt das Nasenbluten gehäuft auf. Als sie 20 Jahre alt war, führte die Blutung sogar zu einem Zusammenbruch. Doch erst später erhielt sie die Diagnose „Morbus Osler“. Damit wird eine genetisch bedingte, krankhafte Erweiterung der Blutgefäße bezeichnet, die auch Lungen, Leber, den Magen-Darm-Trakt und das Gehirn betreffen kann. Eine fachübergreifende Betreuung ist daher besonders wichtig. Für Eva Maria Dantzer ist es in besonderer Glücksfall, dass mit dem HNO-Arzt Behfar Eivazi ein ausgesprochener Spezialist für Gefäßfehlbildungen in Darmstadt praktiziert.
HNO-Ärzte seien mittlerweile gut über das Krankheitsbild informiert, sagt Eivazi. Bei Patienten mit häufigem Nasenbluten werde immer die auch als „hereditäre, hämorrhagische Teleangiektasie“ (HHT) bezeichnete und von dem kanadischen Arzt William Osler beschriebene Systemerkrankung in Erwägung gezogen. „Bis in die 1990er Jahre war das nicht so“, berichtet Behfar Eivazi. „Das hatte leider oft eine falsche Behandlung zur Folge.“ So wurden beim Entfernen der zur Blutstillung eingesetzten Tamponade häufig die Gefäße erneut verletzt. Erst Dank der Aufklärungsarbeit der von Betroffenen gegründeten „Morbus Osler Selbsthilfe“ habe sich das geändert.
Genetische Untersuchung bringt Klarheit
Die Organisation hat zusammen mit Medizinern auch die für die Diagnose entscheidenden „Curaçao-Kriterien“ aufgestellt. Dazu gehören: häufiges Nasenbluten, sichtbare, stecknadelkopfgroße geweitete Blutgefäße (Teleangiektasien) an Haut und Schleimhaut, Gefäßschädigungen an inneren Organen und ein Elternteil, das ebenfalls entsprechende Krankheitssymptome aufweist. Sind drei der vier Kriterien erfüllt, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit „Morbus Osler“ vor. Endgültige Klarheit kann eine genetische Untersuchung bringen, zwingend notwendig ist diese aber nicht. Bei Eva Maria Dantzer war die Diagnose eindeutig: Schon ihr Vater hat unter der Gefäßkrankheit gelitten. Bei ihr selbst wurden Gefäßkurzschlüsse, im Fachjargon als „Shunts“ bezeichnet, in der Lunge diagnostiziert. Zweimal musste sie deshalb unter Einsatz eines Lasers operiert werden.
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Über die Behandlungsmöglichkeiten bei „Morbus Osler“ informiert Dr. Behfar Eivazi am 22. Mai um 18 Uhr im Konferenzraum des Alice-Hospitals in der Dieburger Straße. Infos: www.morbus-osler.de. (red)
„Bei den Shunts verbinden sich Arterien und Venen. Damit geht ein erhöhtes Schlaganfallrisiko einher“, erklärt Behfar Eivazi, der auch als Privatdozent an der Universität Marburg tätig ist. „Und da auch weitere Organe, wie Magen, Darm, Leber oder Gehirn, betroffen sein können, müssen Patienten mit „Morbus Osler“ umfassend gescreent werden.“ CT, Kernspintomographie, MRT oder Ultraschall kommen hier zum Einsatz. „Natürlich kann ich nicht alle Spezialuntersuchungen in meiner Praxis anbieten“, sagt Eivazi. „Aber ich verstehe mich als Lotse, bei dem alle Fäden zusammenlaufen.“ Es sei notwendig, dass alle beteiligten Kollegen ein Verständnis für die besonderen Aspekte der Krankheit entwickelten.
Das hört Eva Maria Dantzer gern, die sich wünscht, dass alle bei der Behandlung beteiligten Ärzte intensiv miteinander kommunizieren. Denn die dünne, leicht verletzliche Gefäßwand der Patienten bedarf in vielen Fällen einer speziellen Beachtung. Beispielsweise bei einer Zahnbehandlung. Dantzer weist außerdem darauf hin, dass die häufigen, unvermittelt einsetzenden Blutungen eine starke psychische Belastung darstellten.
Tamponade stillt Blutungen
Beim Leitsymptom „Nasenbluten“ habe sich die sorgfältige Pflege mit Cremes und Salben bewährt, sagt Eivazi. Auch er lässt bei der Untersuchung und Behandlung von „Morbus Osler“-Patienten erhöhte Vorsicht walten. Untersuchungsinstrumente werden behutsam in die Nasenöffnungen eingeführt. Beim Stillen akuter Blutungen muss die Tamponade so gewählt werden, dass ein weiteres Einreißen der Gefäße vermieden wird. „Da muss jeder Patient auch für sich selbst herausfinden, was für ihn am besten ist“, sagt Eivazi. Auch die Behandlung mit Laserstrahlen sei eine Option. Zudem würden Ansätze in Antikörper- oder immun-modulierenden Therapien verfolgt.