Das Berliner Forschungsinstitut Empirica hat die Frage der überteuerten Preise wissenschaftlich untersucht. Und sieht für einige Regionen eine „eher hohe“ Gefahrenlage, dass die Preisblase platzen könnte.
FRANKFURT - Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob sich in bestimmten Regionen oder Städten bei Immobilien bereits eine Preisblase gebildet hat, die irgendwann platzen könnte. Das Problem: Eine solche lässt sich nur schwer festmachen, weil die Blasenbildung von vielen Parametern abhängt. So bekommt man für ein und dieselbe Region häufig unterschiedlichste Einschätzungen.
Das Berliner Forschungsinstitut Empirica geht wissenschaftlich an die Frage heran. Und zwar mit dem Empirica-Blasenindex, der nach Angaben des Instituts für Deutschland und seine Städte und Landkreise zwar eine Preisblase nicht erkennen, aber Hinweise auf die Bildung einer solchen geben kann. Die wiederum in verschiedenen Warnstufen angezeigt werden (siehe Karte). Dazu zieht das Institut im Wesentlichen drei Indikatoren heran: Das Verhältnis von Wohnungskaufpreis und Mieten, wie viele regionale Jahreseinkommen notwendig sind, um eine Eigentumswohnung zu finanzieren, sowie die Wohnungsfertigstellungen (pro 1000 Einwohner) und deren Bedarfsprognose. Hinter letzterem Kriterium steht der Zusammenhang, dass die Gefahr, eine Preisblase könnte platzen, perspektivisch steigt, wenn mehr Wohnungen gebaut werden als benötigt. Die Studie vergleicht aktuelle Daten mit jenen des Jahres 2005, also mit der Zeit vor der Niedrigzinsphase.
Für Verbraucher ist das Verhältnis von Wohnungskaufpreis und Mieten wichtig. Zeigt es doch an, ob sich der Kauf einer Wohnung rechnen würde. Der Indikator ermittelt, wie oft die Jahresmiete gezahlt werden müsste, damit man den Kaufpreis wieder herausbekommt. Empirica zufolge liegt der Wert in den zwölf größten Städten im Schnitt bei 33, vor 14 Jahren betrug der Wert gerade einmal 24. Zum Vergleich: Experten der Stiftung Warentest bewerten das 25-fache der Jahresmiete als teuer.
Wohnungspreise sind den Einkommen enteilt
Für Darmstadt ermittelt Empirica einen Wert von 30,5 (2005 lag er bei 21,7), für Mainz von 32,2 (19,6), für Wiesbaden von 36,1 (22,1) und für Frankfurt gar von 38,3 (21,1). Aber auch in den Landkreisen Mainz-Bingen (30,2), Rhein-Hunsrück (37,7), Bergstraße (30,2), Rheingau-Taunus (30,7), Wetterau (31,4), Lahn-Dill (30,7) und Vogelsberg (35) kletterte der Indikator auf einen Wert jenseits der 30. Wobei im Vogelsbergkreis das Niveau vor 14 Jahren laut Empirica noch höher lag.
Nach den drei Kriterien stellt das Institut einen klaren Trend fest: Gerade in den, sowohl demografischen als auch wirtschaftlichen, Wachstumsregionen sind die Kaufpreise für Eigentumswohnungen den Jahreseinkommen enteilt und wachsen die Kaufpreise oft klar stärker als die Mieten. Zwar werden nur selten zu viele Wohnungen gebaut, dennoch wird die Blasengefahr in Wachstumsregionen mittlerweile vergleichsweise hoch eingeschätzt. Das Rhein-Main-Gebiet liefert ein gutes Beispiel dafür: Bis auf Mainz und Darmstadt wird für Rhein-Main eine „eher hohe“ Blasengefahr ermittelt. Bei Mainz und Darmstadt dürfte den Ausschlag gegeben haben, dass die beiden Städte beim Indikator Wohnungsfertigstellungen vergleichsweise unkritisch abschneiden. Anders der Landkreis Darmstadt-Dieburg. Hier hat laut Empirica der ungünstige Wert bei den Fertigstellungen den Ausschlag dafür gegeben, dass die Blasengefahr für den Landkreis als „kritisch“ (in der Karte tiefrot) eingeschätzt wird. Denn bei den beiden anderen Indikatoren unterscheidet sich der Kreis nicht von anderen Städten und Landkreisen in Rhein-Main: Sowohl beim Verhältnis von Wohnungskaufpreis und Mieten als auch bei der Relation von Jahreseinkommen und Kaufpreis hat der weitere Trend in der Studie zumeist eine rote Warnmarkierung.
Insider reagieren verwundert auf die kritische Einschätzung zu Darmstadt-Dieburg. In der Tat hätten viele Kommunen Baugebiete ausgewiesen. Doch die Grundstücke seien in der Regel wegen der großen Nachfrage zügig bebaut worden, heißt es. Auch unter Verweis auf das große Interesse aus den vergleichsweise hochpreisigen Nachbargebieten Darmstadt, Frankfurt und Aschaffenburg. In vielen Kommunen des Landkreises gebe es zudem kaum noch Möglichkeiten, neue Baugebiete auszuweisen.
In Mittelhessen sticht der Lahn-Dill-Kreis heraus, für den die Forscher eine „eher hohe“ Blasengefahr ermitteln. Ausschlaggebend sind hier ungünstige Trends bei der Mieten-Kaufpreis-Relation und beim in Jahreseinkommen gerechneten Finanzierungsbedarf.
Auf die regionalen Einkommen bezogen, muss man in Städten natürlich am meisten für eine Eigentumswohnung hinblättern. In Darmstadt 8,3, in Mainz 8,9, in Wiesbaden 9,4 und Frankfurt gar 12,5 Jahreseinkommen. In den Landkreisen gehen die Werte von 4,4 (Odenwaldkreis), über 5,1 (Mainz-Bingen), 5,2 (Bad Kreuznach) und 5,5 (Gießen) bis 6,0 (Groß-Gerau) und 6,5 (Main-Taunus-Kreis).
