Vertreter aus acht Parteien werden künftig in Büdingens Stadtverordnetenversammlung über die Geschicke der Stadt entscheiden. Alterspräsident Cott geht von mehr Diskussionen aus.
BÜDINGEN. Die konstituierende Sitzung des Büdinger Parlaments schloss Christdemokrat Dieter Jentzsch, denn die Stadtverordneten hatten ihn an diesem Abend mit großer Mehrheit zum neuen Parlamentsvorsteher gewählt (siehe separater Bericht). Eröffnet hatte die Versammlung Stadtrat Norbert Mäser (CDU), Ort war der voll besetzte Saal der Wolfgang-Konrad-Halle in Lorbach, wo Tische und Stühle pandemiebedingt weit auseinanderstanden. Mit AfD, CDU, FDP, FWG, Grünen, Pro Vernunft und SPD sind sieben Fraktionen und der fraktionslose Abgeordnete Daniel Lachmann (NPD) vertreten. Die CDU hat elf Sitze, die FWG neun, die SPD sechs, die Grünen vier und Pro Vernunft, FDP sowie AfD haben jeweils zwei Sitze. Ein festes Bündnis oder eine Koalition hat sich nicht gebildet, zumindest bis jetzt nicht. Momentan sieht es nach wechselnden Mehrheiten aus.
Mäser machte es kurz, indem er feststellte, dass Grünen-Fraktionsvorsitzender Joachim Cott das älteste Mitglied war und die Sitzung bis zur Wahl des Parlamentschefs leiten würde. Cott erklärte, sich über die vielen Besucher und die neuen Stadtverordneten zu freuen. Mit Jules August Schröder, Dr. Christian Schwarz-Schilling samt Ehefrau Marie-Luise und Dr. Volkmar Stein waren drei Ehrenbürger anwesend. "Sie haben eines der schönsten Ehrenämter. Der Entwicklung der Stadt und dem Gemeinwohl zu dienen, ist eine der befriedigendsten Aufgaben, die man haben kann", sagte Cott zu den Parlamentariern. Mandatsträger hätten viele Kontakte, erhielten viele Impulse und wägten ab, wie sie sich einbringen können. "Ich bin sicher, dass Sie in den nächsten Jahren Dinge erfahren werden, die Sie niemals wissen wollten, aber Sie lernen auf diese Weise Ihre Stadt kennen." Was letztlich umgesetzt werde, fuhr Cott fort, hänge von den Machtverhältnissen im Hohen Haus ab. "Dass acht Parteien vertreten sind, wird dazu führen, dass wir noch mehr diskutieren werden und viele Anträge bearbeiten müssen." In die neue Legislaturperiode starte das Parlament mit einem Bündel an Vorlagen, die es noch zu bearbeiten gelte. "Ich hoffe, dass unsere Diskussionen von hoher Toleranz und Sachverstand geprägt sind", betonte Cott. Wie er klarstellte, gebe es für rassistische und menschenverachtende Äußerungen keine Toleranz.
Die Wahl des Stadtverordnetenvorstehers stand nun an, Cott bat um Vorschläge. Jonathan König, neuer Fraktionsvorsitzender der CDU, schlug den Kollegen Dieter Jentzsch vor, über dessen Wahl das Parlament geheim abstimmte. Ein Gegenkandidat trat nicht an. Jentzsch saß hinten, von wo er das Geschehen verfolgte. "Ich bin etwas aufgeregt", bekannte er, bevor Cott das Ergebnis bekanntgab: Mit 34 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung war der 64-Jährige gewählt. Die Zuhörer applaudierten, Jentzsch erklärte, die Wahl anzunehmen. Seinem Vorgänger Reiner Marhenke (FWG) überreichte er einen Blumenstrauß und würdigte dessen Verdienste. "Ich danke ihm sehr herzlich. Er hat nicht nur wahrgemacht, für die Reform unserer Geschäftsordnung zu arbeiten. Noch stärker gefordert hat ihn gewiss sein direkter Einsatz für Effizienz und Transparenz dieses Stadtparlaments." Marhenke habe erheblichen Anteil gehabt, dass die Sitzungen und Debatten vorwiegend in einer guten Atmosphäre stattfanden. "Lieber Reiner, du hast dieses Amt sehr gut, mit Würde und positiv für das Ansehen unserer Stadtverordnetenversammlung geführt", unterstrich Jentzsch.
Es folgte die Wahl der 16 stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher, zu der eine Liste von CDU, FDP, FWG, Grünen, Pro Vernunft und SPD vorlag und die das Parlament mit 36 Ja- und einer Nein-Stimme beschloss. Jentzsch beendete die Sitzung auf Antrag von Gunnar Bähr (Pro Vernunft), obwohl noch diverse Punkte auf der Tagesordnung standen. "Das Problem ist die Ausgangssperre", erklärte der frisch gebackene Parlamentschef. Die Gäste hätten zwar das Recht, an einer öffentlichen Stadtverordnetensitzung teilzunehmen, was durch die Anwesenheitsliste auch nachweisbar sei. "Wir wollen aber niemanden in Kalamitäten bringen, wenn es länger als 22 Uhr dauert", konstatierte Jentzsch. Die nächste Sitzung ist für Freitag, 7. Mai terminiert. Sie beginnt bereits um 19 Uhr, Ort ist erneut die Wolfgang-Konrad-Halle in Lorbach.