Vortrag und Jahreshauptversammlung der Nabu-Gruppe Alsfeld/Romrod/Schwalmtal
ROMROD. Auch in diesem Jahr wurde die Jahreshauptversammlung des Naturschutzbundes, Gruppe Alsfeld/Romrod/Schwalmtal, mit einem spannenden Vortrag eröffnet. Mehr als 30 Naturinteressierte erhielten vom Referenten Thomas Steinke spannende Einblicke in die Biologie des Bibers und dessen Geschichte in Deutschland und im Vogelsberg.
Im 19. Jahrhundert war der Biber fast in ganz Deutschland ausgerottet, da er als Fisch galt, aber auch aufgrund seines dichten Felles stark bejagt wurde. Durch intensive Naturschutzbemühungen ist es mittlerweile gelungen den Biber ausgehend von der einzig überlebenden Restpopulation an der Mittelelbe, im Osten Deutschlands, aber auch in Bayern und Hessen wieder anzusiedeln. Ausgehend von dem einzigen hessischen Auswilderungsprojekt in den 80er-Jahren im Spessart, werde auch der Vogelsberg gerade wieder besiedelt. Mittlerweile gebe es 54 nachgewiesene Biberreviere, beispielsweise im Einzugsgebiet von Kinzig, Schlitz, Fulda und Lauter. Vor Kurzem seien von Steinke, Mitglied der Arbeitsgruppe Biber des NABU-Kreisverbandes Vogelsberg, auch Spuren des Bibers an der Antrift unterhalb des Stausees bis zur Kreisgrenze bei Bernsburg entdeckt worden.
Der Biber ist ein beeindruckendes Tier, kann bis zu 25 Kilogramm schwer und 1,30 Meter lang werden und ist damit in Deutschland das größte vorkommende Nagetier. Mit seinen scharfen Zähnen ist er in der Lage, mittlere bis starke Bäume zu fällen. Allerdings fälle er die Bäume vorzugsweise im Herbst und Winter, wenn er keine andere Nahrung finden kann, um sich Nahrungsvorräte anzulegen. Der Biber sei eine sogenannte "Schlüsselart", der durch seine Lebensweise auch anderen seltenen Tier- und Pflanzenarten Lebensräume schafft und so die Artenvielfalt erhöht. Der Nager legt bei kleineren, flachen Gewässern Dämme an und lässt auf diese Weise eine beeindruckende Teich- und Seenlandschaft entstehen, die vielen heute sehr seltenen Tierarten, wie Libellen und Amphibien neuen Lebensraum bietet. Durch den Wasserrückhalt kann er das Hochwasserrisiko abmildern, erhöht die Grundwasserneubildung und sogar Schadstoffe werden herausgefiltert. "Der Biber ist ein echter 'Ökobaumeister', welcher seine Dienstleistungen völlig gratis zur Verfügung stellt", fasste es Steinke zusammen.
Da heutzutage viele landwirtschaftliche Flächen, Wege und sonstige Infrastruktur teils unmittelbar an die Gewässer heranreichen, kann es zu Konflikten kommen, durch die Unterminierung von Wegen, Überschwemmungen oder Fraßschäden an Bäumen oder Feldfrüchten. Entstehende Konflikte sollen über ein Biber-Management über mehrere Ebenen hinweg gemeinschaftlich gelöst werden. Steinke plädierte für lösungsorientierte Maßnahmen zwischen Naturschutz, Behörden und Landwirtschaft, warb aber auch um ein gesellschaftliches Umdenken, um wieder zusammen mit dem Biber zu leben. "Der Biber muss bei jeglicher Planung der Landnutzung mitgedacht werden. Lassen wir dem Biber den benötigten Platz rund um die Gewässer, werden in Zukunft auch die Konflikte abnehmen."
Im Anschluss an den Vortrag folgte eine kurze Frage- und Diskussionsrunde, bevor der Nabu-Kreisvorsitzende Tilman Oeppert die Jahreshauptversammlung eröffnete. Dabei zeigte sich im Rückblick, dass im Jahr 2022 trotz Corona zahlreiche Aktivitäten im Verein durchgeführt wurden, unter anderem die Errichtung und Betreuung des Amphibienschutzzaunes zwischen Strebendorf und Romrod. 500 Meter Zaun retteten bereits im siebten Jahr etwa 1600 Kröten und Molchen das Leben. Eine Initiative von Ilona Limburg, das Umfeld des Kreiskrankenhauses in Alsfeld im Sinne des Naturschutzes aufzuwerten, konnte aufgrund anstehender Baumaßnahmen noch nicht realisiert werden.
Im Rahmen des Monitorings häufiger Brutvogelarten wurde die Kartierung bereits zum 19. Mal durch Tilman Oeppert durchgeführt. Darüber hinaus erfolgten zahlreiche telefonische Beratungen und Anfragen, beispielsweise zu aufgefundenen Jungvögeln.
Der aktuelle Mitgliederstand der Nabu-Gruppe Alsfeld/Romrod/Schwalmtal liegt gleichbleibend bei rund 200. Durch vermehrte Infostände versucht der Ortsverband, neue Mitglieder für den Naturschutz begeistern. Am Sonntag, 14. Mai, findet um 7 Uhr zudem die alljährliche Vogelstimmenwanderung statt (Treffpunkt ist der Parkplatz am Homberg in Alsfeld). Immer am ersten Dienstag im Monat findet ein monatliches Treffen der Gruppe statt.