Wetteraukreis/VogelSbergkreis (der). Kaum ein Thema bewegt die Menschen derzeit so sehr wie die Corona-Krise. Auch bei der Ovag-Gruppe steht sie oben auf der Tagesordnung....
. Wetteraukreis/VogelSbergkreis (der). Kaum ein Thema bewegt die Menschen derzeit so sehr wie die Corona-Krise. Auch bei der Ovag-Gruppe steht sie oben auf der Tagesordnung. Vorstandsvorsitzender Joachim Arnold warnt aber, die Klimakrise darüber nicht aus dem Blick zu verlieren. Denn auch in der jetzigen Situation, in der es um entschlossenes und schnelles Management in der Corona-Krise gehe, müsse der Klimaschutz als existenzielle Herausforderung im Auge behalten und durch den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien gefördert werden, sagt er. Für die Hessenenergie, ein Tochterunternehmen der Ovag, sei dieses Handeln ihr "täglich Brot". Joachim Arnold erklärt im Gespräch, woran man den Klimawandel konkret sieht, wie man ihn bekämpfen kann und welchen Beitrag die Hessenenergie dazu leistet.
Über den von Menschen verursachten Wandel des Klimas streiten sich die Geister. Wie stehen Sie persönlich dazu?
Sicherlich gab es Klimaveränderungen schon immer, allerdings hervorgerufen durch natürliche Vorgänge wie dem Wechsel zwischen Eis- und Warmzeiten über Jahrtausende oder große Vulkanausbrüche mit abrupten Veränderungen. Aber es kann überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass wir in einer Zeit des vom Menschen hervorgerufenen Klimawandels und den damit einhergehenden Veränderungen leben. Der Klimawandel lässt sich einwandfrei anhand verschiedener Daten nachweisen. Zum Beispiel durch den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperaturen und eine deutliche Zunahme der Konzentration von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre. Es gibt aber auch Beobachtungen aus unserer unmittelbaren Umgebung, die jeder mit offenen Augen sehen kann. Ein Beispiel aus Hessen: Die Apfelblüte beginnt immer früher im Jahr, was das Risiko des Erfrierens der Blüten und damit Ernteausfälle nach sich zieht.
Wo liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für die geschilderten Beobachtungen?
Derzeit leben knapp acht Milliarden Menschen auf der Erde - 1950 waren es noch weniger als zwei Milliarden. Diese Menschen benötigen Essen, Energie und Mobilität, konsumieren und wollen am Wohlstand teilhaben. Das bedeutet derzeit den Verbrauch von in Millionen von Jahren entstanden natürlichen Ressourcen an Erdöl und Erdgas in wenigen Jahrzehnten, verbundenen mit extrem hohen Emissionen an klimaschädlichem CO2.
Welche Auswirkungen wird der Klimawandel haben?
Höhere Durchschnittstemperaturen mit mehr tropischen Nächten mit 25 Grad ohne lindernde Abkühlung werden erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Dazu kommen eine in unserem bisherigen Leben nicht gewohnte Wasserknappheit, Starkregen und Trockenperioden, die zu Ernteausfällen führen und unsere Wälder schädigen. Wir sind schon teilweise unmittelbar damit konfrontiert. Ab einem bestimmten Punkt werden die Ereignisse zudem nicht nur unumkehrbar sein, sondern sich selbst verstärken. Etwa das Abschmelzen von Polarkappen und Gletschern, das Sterben von Korallenbänken wie dem Great-Barrier-Reef sowie die Erwärmung des uns in Europa wärmebringenden Golfstromes mit nicht absehbaren, verheerenden Auswirkung auf unser Klima.
Was kann gegen den Klimawandel getan werden?
Es muss auf alle Fälle zügig und nachhaltig gehandelt werden. Im Pariser Abkommen von 2015 hat sich die Staatengemeinschaft zur Begrenzung der Erderwärmung auf ein 1,5- bis 2-Grad-Ziel verständigt und der CO2-Ausstoß soll deutlich reduziert werden. Nur über viele einzelne Maßnahmen ist der gewünschte Effekt zu erzielen. Dazu gehört, Energieverbräuche bei Gebäuden zu vermeiden, den Verkehr sowie Industrie, Gewerbe und Handel voranzubringen. Natürlich auch die konsequente Nutzung erneuerbarer Energien. Ein stärkerer Fokus ist zudem auf Energieeffizienz und die Lebensdauer bestimmter Produkte wie Heizanlagen und Automobilen zu legen.
Was halten Sie für besonders wirksam?
Wirksamer Klimaschutz basiert auf drei Säulen. Erstens die Nutzung erneuerbarer Energien, also die Nutzung von Wind, Sonne und Wasser zur Energieerzeugung, sowie den Einsatz nachwachsender Rohstoffe. Zweitens der sparsame und effiziente Gebrauch von Energie und die Vermeidung unnötiger Verbräuche. Drittens die Kombination verschiedener Technologien, die sich unterstützen und zielgerichtet eingesetzt werden.
Können Sie einen Überblick geben, was Bund und Land planen?
Die Bundesregierung hat mit der Errichtung des Klimakabinetts einen ressortübergreifenden Ansatz gewählt, der gewährleisten soll, dass der Klimaschutzplan 2050 umgesetzt und die Klimaschutzziele 2030 eingehalten werden sollen. 2019 wurde dazu das Klimaschutzprogramm 2030 vorgelegt, das jetzt nach und nach umgesetzt wird. Wesentliche Eckpunkte sind die Festlegung von jährlichen Zielen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes mit Vorhaben, die direkt umgesetzt werden. Zu dem Paket gehört auch die CO2-Bepreisung von fossilen Energieträgern wie Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas. Dafür soll es andererseits eine Entlastung von Bürgern und Wirtschaft durch die Senkung staatlich bedingter Preisbestandteile beim Strom geben. Ziel ist es, 2030 einen Anteil der erneuerbaren Energien von 65 Prozent zu erreichen. Erwähnen möchte ich noch die Verlängerung der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung sowie die Weiterentwicklung bestehender Förderprogramme für effiziente Gebäude.
Und auf hessischer Ebene?
Hier ist vor allem der integrierte Klimaschutzplan des Landes Hessen 2025 zu nennen. Hessen will bis 2050 klimaneutral werden, die Treibhausgas-Emissionen sollen um 90 Prozent reduziert werden. Ganz oben auf der Agenda stehen der Ausbau des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs, eine nachhaltigere und effizientere Gestaltung des Luftverkehrs, die Unterstützung von Klimaschutzkommunen, Quartierkonzepte und regionale Netzwerke.
Was unternimmt die Ovag durch ihre Tochtergesellschaft Hessenenergie in Sachen Klimaschutz?
Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind seit 28 Jahren die Kernausrichtung der Ovag-Tochter Hessenenergie. Sie ist eine Energie- und Klimaschutzagentur, leistet einen bedeutenden Beitrag, das Klima zu schützen und unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Neben dem Bau und dem Betrieb von Windenergieanlagen in Hessen, mit denen umweltfreundlich, nachhaltig und wirtschaftlich Strom erzeugt wird, leistet sie Produkte und Dienstleistungen, die der sparsamen und rationellen Energieumwandlung und -nutzung, der Anwendung erneuerbarer Energien sowie der Steigerung der Energieeffizienz dienen.
Vor 28 Jahren war in der Öffentlichkeit der Klimawandel noch kein großes Thema.
Ja, so ist es. Bereits 1994 hat die Hessenenergie die erste große hessische Bürgerwindgesellschaft mit rund 275 Gesellschaftern gegründet und Windparks in Diemelsee und Ulrichstein errichtet. Im Übrigen den deutschlandweit ersten Windpark in kommunalem Eigentum, jenen in Ulrichstein. Seit dieser Zeit haben wir über 130 Windenergieanlagen in Hessen geplant und mitfinanziert. Auch übernehmen wir für unsere Kunden regelmäßig die Verantwortung für den Betrieb. Zudem wurden von uns bereits über 30 Windenergieanlagen abgebaut und durch moderne, leistungsstärkere Anlagen ersetzt. Wir nutzen, konzipieren und errichten zudem Anlagen im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung, der Effizienztechnologien, zum Beispiel die Umrüstung auf energiesparende LED-Technologie im Bereich Beleuchtung. Wir machen Biomasse-Contracting und unterstützen kommunales Energiemanagement. Für die Energieagentur des Landes Hessen erbringen wir Dienst- und Beratungsleistungen und begleiten spezielle hessische Förderprogramme in Sachen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz.