Wegen ausgebliebenem Rückschnitt sollte Vogelsberger in Haft

Laut Satzung der Gemeinde müssen Anwohner mit Rückschnitt dafür Sorge tragen, damit die Verkehrssicherheit nicht eingeschränkt wird. © Andreas Kelm

Ein Vogelsberger hat seine Hecken trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Gemeinde nicht zurückgeschnitten. Nun hat die Kommune vor Gericht Ersatzzwangshaft gefordert.

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VOGELSBERGKREIS. Ersatzzwangshaft wegen ausbleibenden Heckenschnitts für einen Bürger hat eine Gemeinde aus dem Altkreis Alsfeld vor dem Verwaltungsgericht Gießen gefordert. Dieses hat das Ansinnen der Gemeinde aufgrund von Unverhältnismäßigkeit abgelehnt, teilt das Gericht in einer Pressemeldung mit.

Doch worum ging es in dem Fall konkret? Das Gericht schildert, dass der Bürger seinen Verpflichtungen zur Straßenreinigung und zum Rückschnitt von auf seinem Anwesen in den Verkehrsraum ragenden Bewuchses nicht nachgekommen sei.

Nach einer gemeindlichen Satzung über die Straßenreinigung seien im Gebiet der Kommune überhängende Äste und Zweige von Bäumen und Sträuchern (Überhang) über Gehwegen bis zur Höhe von 2,40 Metern und über der Fahrbahn bis zur Höhe von 4,50 Metern zu entfernen. Die Gemeinde habe im Sommer 2021 festgestellt, dass der Bürger seinen Verpflichtungen nicht nachkam und setzte zunächst mehrfach Zwangsgelder fest. Nachdem der Bürger dennoch seinen Pflichten nicht nachgekommen sei, habe die Gemeinde im Januar 2022 auf Kosten des Bürgers den Rückschnitt selbst ausgeführt. Die dadurch entstandenen und dem Bürger in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 2000 Euro habe er nicht begleichen können, da er vermögenslos sei. Aus diesem Grund habe die Gemeinde Ersatzzwangshaft beantragt, auch um den Bürger zukünftig zur Erfüllung seiner Pflichten zu bewegen.

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Auch Ersatzzwangshaft "auf Vorrat" nicht zulässig

Die vierte Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen lehnte vergangene Woche das Ansinnen ab. Nach Einschätzung des Gerichts ist der mit einer Ersatzzwangshaft verbundene Eingriff in die Freiheit der Person zur Durchsetzung einer Verpflichtung, die bereits durch die Gemeinde selbst vorgenommen wurde, nicht verhältnismäßig. Auch eine Anordnung von Ersatzzwangshaft "auf Vorrat", also für die Durchsetzung zukünftiger Verpflichtungen, war aus Sicht der Kammer rechtlich nicht zulässig. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen, fügt das Gericht abschließend an.