Heizungsbauer berichten über viele offene Fragen und Verunsicherungen bei Heizungs-Modernisierung und -Austausch.
VOGELSBERGKREIS. Es besteht im Vogelsberg große Unsicherheit: Was bedeuten die Beschlüsse der Berliner Ampel-Koalition zur sogenannten Wärmewende für das Heizen der eigenen vier Wände? Darf die alte Heizanlage durch eine Gas- oder Ölheizung ersetzt werden oder wird der Umstieg auf die elektrische Wärmepumpe zur Pflicht? Einige Heizungsbauer und ein Energieberater geben Einblick in die tägliche Lösungssuche.
Die Nachfrage nach Möglichkeiten, die eigene Heizung zu modernisieren, schildern momentan alle befragten Installateure als enorm, begleitet von jeder Menge Fragen zur am besten geeigneten Variante. "Definitiv: Wir spüren eine große Verunsicherung in den Gesprächen mit unseren Kunden", berichtet Luisa Kraft vom Unternehmen Volp Haustechnik in Eichelhain. Edwin Giese, der in Alsfeld zusammen mit seinem Sohn Martin sein Geschäft für die Bereiche Heizung, Sanitär, Schlosserei und Installation betreibt, spitzt die Beschreibung der momentanen Kundenbefindlichkeit noch zu: "Wir machen mittlerweile die reinste Seelsorge", formuliert der erfahrene Heizungsfachmann seine Erfahrungen aus Gesprächen mit Kunden.
Was den Menschen Sorge bereitet, die sich mit der Zukunft ihrer Heizungsanlage beschäftigen, lässt sich in einem unscheinbaren Wort zusammenfassen: "möglichst". Verbunden mit dem Datum 1. Januar 2024 haben sich die Ampel-Koalitionäre in Berlin darauf verständigt, dass von diesem Tag an eingebaute neue Heizungen zu 65 Prozent "möglichst" mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Dabei ist die Wärmepumpe zwar die an erster Stelle genannte Variante, aber andere sind nicht ausgeschlossen: "Technologieoffen" heißt die Zauberformel, die zu neuen, auf Erneuerbaren Energien basierenden Heizungsanlagen führen soll. Dabei ist die Weiterentwicklung von Gasheizungen zu solchen in der Diskussion, die mit Wasserstoff oder auch mit Biomasse/Biogas betrieben werden. Eine Austauschpflicht für bestehende Heizanlagen soll es aber nicht geben.
Wie insbesondere Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grünen) betont, soll mit der Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ein konkreter Beitrag zur Einsparung fossiler Energie (vor allem Erdgas und Öl) und damit zum Klimaschutz geleistet werden. Da Heizungsanlagen langfristig genutzt werden, müsse "ein Neustart im Gebäudebereich jetzt beginnen, wenn wir die Klimaziele 2045 erreichen wollen," heißt es aus dem Ministerium. Ölheizungen hatte bereits die Vorgängerregierung grundsätzlich für Neubauten zum Auslaufmodell erklärt - mit einer Frist bis 2026 und der Möglichkeit, Ausnahmefälle zuzulassen. Jetzt folgt ein ähnliches Vorgehen für die Gasheizung.
Dabei lassen sich aus Sicht der Vogelsberger Heizungsbauer die Mängel der aktuellen Initiative mit der Formel beschreiben: "Gut gedacht heißt nicht immer gut gemacht." So meint Giese, "dass die praktischen Probleme, die mit dem Gesetzentwurf verbunden sind, besser im Vorfeld hätten geklärt werden müssen". Insbesondere die mit der Umorientierung verbundenen Zeitvorstellungen seien problematisch. Mit Giese beklagen auch andere Heizungsinstallateure, dass es teilweise erhebliche Lieferengpässe für die Heizungsanlagen oder einzelne Komponenten gebe. "Bis eine Wärmepumpe geliefert wird, kann es einige Monate, wenn nicht ein Jahr dauern. Kurzfristig sind auch Gasthermen oder Ölkessel momentan nicht lieferbar", berichtet Luisa Kraft.
Außerdem erfordert die große Nachfrage nach neuen Heizungslösungen von der gesamten Branche hohen personellen Einsatz. Der Fachkräftemangel macht sich derzeit deutlich bemerkbar. Ältere Mitarbeiter gehen absehbar in den Ruhestand und junge seien schwer für den Beruf Anlagenmechaniker zu gewinnen. "Wie spricht man junge Leute an?" Mit dieser Frage beschäftige sich die Firma, die insgesamt neun Mitarbeitende zählt, schon seit einiger Zeit. Ganz ähnlich beschreiben andere Firmeninhaber die Situation. Matthias Leiser, der das Unternehmen Heinrich Stöppler Energietechnik in Elbenrod betreibt, konnte trotz aller Bemühungen im letzten Jahr ebenfalls keinen Auszubildenden finden. "Es gab nicht mal eine Bewerbung."
Während im Neubau der Einbau von Heizungssystemen mit Wärmepumpen mittlerweile gang und gäbe ist, sieht Leiser mit den anderen Heizungsbauern große Schwierigkeiten für deren Einsatz im Altbau. Mit Blick auf die Alsfelder Altstadt mit ihren typischen Fachwerkhäusern fehle schlicht der Platz für das Aufstellen solcher Anlagen sowie für die Installation von Photovoltaikmodulen für die Stromversorgung auf den Dächern. Zudem handele es sich hier in der Regel um Gebäude, bei denen der Denkmalschutz einzubeziehen sei, ergänzt Giese.
Die Wärmepumpe, so die Fachleute, lasse sich nur für einen Heizbetrieb mit einem niedrigen Temperaturniveau (von weniger als 45°) wirtschaftlich betreiben, was beispielsweise in Kombination mit einer Fußbodenheizung gut funktioniert. Außerdem setzt das eine gute Dämmung des Gebäudes voraus. Beides ist bei einem Altbau, insbesondere einem Fachwerkhaus, in der Regel nicht gegeben. Dazu macht Leiser folgende Rechnung auf: "Der Einbau einer Fußbodenheizung mit dem geeigneten Aufbau kostet etwa 25.000 Euro, die Wärmepumpe noch einmal dasselbe. Von den 50.000 Euro lassen sich 25 bis 30 Prozent über staatliche Fördermittel finanzieren. Bleiben also 35.000 Euro, die man aufbringen muss." Das sei für viele Menschen - nicht nur - im Vogelsberg nicht zu stemmen.
Für die Neugestaltung der Heizanlage können ganz unterschiedlich hohe Kosten entstehen, je nach deren Alter und Zustand sowie dem Stand der Dämmung. Kosten in der genannten Dimension dürften eher die Regel als die Ausnahme sein. Das hat man in Berlin durchaus erkannt. Es sei "fest vereinbart worden, dass es eine soziale Flankierung dieses Programms gibt", versprach beispielsweise Wirtschaftsminister Habeck nach Vorstellung der Beratungsergebnisse des Koalitionsausschusses. Welche Förderung, möglicherweise steuerliche Vorteile oder günstigen Kredite es geben wird, ist jedoch noch nicht ausgearbeitet. Die wichtigen Details für eine Entscheidung zur Finanzierbarkeit eines Heizungswechsels fehlen noch.
Für Personen, denen der Heizungstausch aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, soll es Härtefallregelungen geben. Doch was unzumutbar wäre und wie dies geprüft wird, ist ebenso unklar wie die Details der Finanzhilfen.
Solange all dies nicht geliefert ist, wird es den erforderlichen "Wumms" für die Wärmewende nicht geben. Die Menschen suchten momentan vor allem nach Varianten der Heizungssanierung oder -erneuerung, die an den bestehenden Techniken orientiert sind: Öl und Gas. Bevor es zu einem verbindlichen Aus für diese kommt, wollen sie noch darin investieren, um für die nächsten 20 bis 30 Jahre eine warme Wohnung zu haben. Dabei versprechen sie sich, dass dies billiger sein wird als eine auf Strom aus Windkraft, Solar- oder Biogasanlagen basierende Heizung. Dass diese Rechnung aufgeht, bezweifelt Energieberater Bernd Schmidt aus Lauterbach. "Schon jetzt stellen viele Hauseigentümer fest, dass ihre erst vor wenigen Jahren eingebaute Gasheizung keineswegs so günstig ist, wie gedacht," berichtet. Alle, die auf Gas oder auch Holzpellets gesetzt hätten, seien mittlerweile mit erheblichen Preissteigerungen konfrontiert. Er betont, dass es in der unübersichtlichen Lage im Moment keine pauschale Empfehlung geben könne. Zu beachten sei in jedem Fall, dass zunächst nur 65 Prozent der Heizenergie aus erneuerbaren Quellen stammen müssen und verträgliche Übergangsfristen in Aussicht stehen. Als Grundgedanken bringt er ins Spiel, die Entlastung der Heizungsanlage in den Blick zu nehmen. Dazu muss die Sonnenenergie nicht zur Stromerzeugung eingesetzt werden, wie bei der Wärmepumpe, sondern kann das Wasser direkt aufheizen (als thermische Solaranlage). Ihre Installation wird mit 25 Prozent der Investitionskosten bezuschusst. "Das lohnt sich nicht für den Ein-Personen-Haushalt, aber bei größeren Wohneinheiten schon, je mehr Brauchwasser man verwendet," so Schmidt.