Dr. Wolfgang Dennhöfer erläutert die Autobahnpläne den Teilnehmern vor Ort. Foto: Kaminski
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Die A 49-Gegner hatten eingeladen, und sie waren gekommen. Ein Dutzend Befürworter des Autobahnbaus um die Alsfelder SPD-Stadtverordnete Annette Schmidt nahmen am Samstag an...

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VOGELSBERGKREIS. Die A 49-Gegner hatten eingeladen, und sie waren gekommen. Ein Dutzend Befürworter des Autobahnbaus um die Alsfelder SPD-Stadtverordnete Annette Schmidt nahmen am Samstag an der Informations- und Diskussionsveranstaltung in Dannenrod ebenso zeitweise teil, verabschiedeten sich jedoch vor der abschließend geplanten Dialogrunde in der Veranstaltungsscheune des Gasthauses Jakob.

"Widerstandsinsel"

Dieses Mal hatte die "Grüne Zukunftswerkstatt Mittelhessen" an und in das von der Baumaßnahme betroffene Waldstück bei Dannenrod eingeladen, um sich selbst über die Auswirkungen auf Natur, Landschaft und Wasserhaushalt vor Ort zu informieren. Dazu gab der Biologe Dr. Wolfgang Dennhöfer vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ausführliche Erläuterungen. Nach dieser Exkursion zur "Baumwipfelsiedlung und Widerstandsinsel" sah die Einladung eine Diskussion mit den Bürgerinitiativen vor, die sich für den Weiterbau der Autobahn aussprechen. Doch dazu kam es nicht. Wie Barbara Schlemmer vom "Aktionsbündnis gegen die A 49" den Veranstaltungsteilnehmenden, die sich anschließend wieder in der Gaststätte Jakob versammelt hatten, mitteilte, hätte die Gruppe der A 49-Befürworter, die großenteils aus Leusel gekommen waren, "nicht länger bleiben können, weil die Zeit zu knapp geworden sei". Sie bedauerte, dass es damit nicht zu dem angestrebten Dialog mit den Befürwortenden des Autobahnbaus gekommen sei, und berichtete, dass sich einzelne Beteiligte jedoch während des gemeinsamen Spaziergangs im Dannenröder Forst so unterhalten hätten, dass durchaus gemeinsame Interessen deutlich geworden seien. "Wir haben dasselbe Problem: zu viel Verkehr vor der eigenen Haustür. Über die unterschiedlichen Lösungsvorstellungen sollte ein Austausch möglich sein. Es gibt eine Schnittmenge in den Auffassungen", so Schlemmer. Alle Anwohner in den Ortschaften an den Bundesstraßen, durch die der Verkehr, insbesondere der Lkw-Verkehr, zur Autobahn führe, verlangten zurecht möglichst bald eine Entlastung. "Es gibt niederschwellige Maßnahmen, die man sofort machen kann, zum Beispiel Tempolimits", benannte die Homberger Sprecherin der Grünen einen konkreten gemeinsamen Ansatzpunkt. Die Aktionsgemeinschaft gegen die A 49 halte jedenfalls ihr Gesprächsangebot aufrecht und hoffe, dass es bald zu einem neuen Termin komme.

Dass es dabei vor allem um die Beurteilung der Verkehrsströme gehen wird, die von einer neuen Autobahn in der Region verändert werden, machte die folgende Diskussion erneut deutlich. Während die Befürworter eine große Entlastung der Ortsdurchfahrten durch eine Verlagerung von Verkehr auf die neue Autobahn erwarten, sind die Gegner des Ausbauprojekts keineswegs davon überzeugt, dass diese so wohlwollend ausfallen wird, wie bisher in den Planungsunterlagen erläutert. Wie die behauptete Entlastungswirkung von 100 000 Fahrzeugen am Tag zu beurteilen ist, erläuterte Reinhard Forst, A 49-Kritiker der ersten Stunde. Gar nicht berücksichtigt wurden dabei Orte, die durch zunehmenden Verkehr zusätzlich belastet würden, wie Treysa, Stadtallendorf und Homberg. Der Amöneburger hat über einige Jahrzehnte Argumente gegen die Planungsunterlagen gesammelt und ist überzeugt, "dass die jahrzehntelang vor allem von Politikern vorgebrachten Behauptungen, die A 49 diene der Entlastung der Wohnbevölkerung, keinerlei sachliche Grundlage hatten". Er betreibt momentan noch eine Initiative gegenüber der EU-Kommission, um offiziell eine Anerkennung seiner Kritikpunkte zu erreichen.

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Wie diese Auseinandersetzung enden wird, ist derzeit nicht absehbar. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hatte auf die Zuständigkeit der EU-Kommission verwiesen. Diese werde, so sein Informationsstand, auf die Zuständigkeit der nationalen, deutschen Gerichtsbarkeit verweisen. "Es ist also erstmal die rechtliche Zuständigkeit zu klären", so Forst.

Die juristische Auseinandersetzung um die A 49 findet außerdem vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig statt. Der Verhandlungstermin zu der Klage des BUND gegen die Entscheidung der hessischen Landesregierung, den Planfeststellungsbeschluss für den letzten Bauabschnitt der Autobahn nicht aufzuheben, ist für den 13. Mai 2020 terminiert. Der Umweltverband hält den Beschluss für nicht rechtmäßig, weil damit gegen die Wasserrahmenrichtlinie der EU verstoßen worden sei.

Darüber hinaus diskutierten die Teilnehmer des Treffens auch die politische Dimension ihres Protests. Dabei rückte Stefan Kannwischer, Mitinitiator des Treffens von der "Grünen Zukunftswerkstatt Mittelhessen", seine Partei in den Fokus: "Unser Ziel ist es, die Diskussion ein Stück weit wieder in die Grünen hineinzutragen." Dass dies in vielen lokalen Parteigliederungen entlang der geplanten Autobahntrasse bereits gelungen ist, mache die Zahl von mittlerweile 29 Initiativen deutlich, die den "Dannenröder Appell" unterstützen, der sich nicht nur gegen die A 49 ausspricht, sondern ein "sofortiges bundesweites Moratorium aller Straßenbauprojekte" fordert, weil dies den Anforderungen an einen wirksamen Klimaschutz entspreche. Die Unterstützung durch die landes- und bundespolitische Ebene der Partei vermissen die Aktiven vor Ort jedoch. Hier noch mehr Druck zu machen, muss wichtiger Teil ihres weiteren Engagements sein, darin waren sich die Diskussionsteilnehmer einig.

Zu diesen zählten auch die Baumbesetzer, die bereits im Wald ihre derzeitige Situation erläuterten. Sie machten klar, dass sie nicht nur gegen den A 49-Bau protestierten, sondern grundsätzliche Kritik der Konsumgesellschaft deutlich machen wollten. Durch die örtliche Bevölkerung fühle man sich weiterhin gut unterstützt, und die gelegentlichen Kontrollen durch berittene Polizei oder Hubschrauberüberflüge seien zwar lästig, aber "man habe sich daran gewöhnt".