Wegen eines verlorenen Rechtsstreits der Stadt sollte der Magistrat Schadenersatzansprüche bei Bürgermeisterin und dem Stadtrat geltend machen - das forderte das Bürgerforum.
HOMBERG. Es war der letzte Punkt auf der Tagesordnung der Homberger Stadtverordnetenversammlung, der die Gemüter am Abend doch noch einmal erhitzen sollte. Der eigentlich vorgesehene Antrag des Bürgerforums über den Abschluss eines Vergleichs im Rahmen eines Rechtsstreits der Stadt ist längst nicht mehr aktuell. Zu lang hatte es gedauert, bis der Antrag aus März dieses Jahres in die Diskussion kam. In dem Streit vor Gericht ging es um ein Grundstück auf der Fläche des geplanten Gewerbegebiets, bei dem die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend machte - allerdings zu einem deutlich geringeren Quadratmeterpreis, als die Grundstücke nun wirklich angekauft werden sollen. Vor Gericht verlor die Stadt und blieb auf den Gerichtskosten sitzen. In der jüngsten Sitzung war es zwar endlich so weit, der Rechtsstreit aber ist abgeschlossen, das Urteil rechtskräftig. Kurzerhand änderte Fraktionsvorsitzende Jutta Stumpf den Antrag ab: Statt eines Vergleichs sollten nun Schadensersatzansprüche in dieser Sache bei Bürgermeisterin Simke Ried (parteiunabhängig, aber CDU) und Stadtrat Willi Österreich geltend gemacht werden.
"Es ist ein Schaden von 14.000 Euro entstanden, weil die Stadt für die Gerichts- und Anwaltskosten aufkommen muss", sagte Stumpf. Dass es so weit komme, sei absehbar gewesen. Ihrer Meinung nach müssten nun diejenigen die Kosten tragen, die sie verursacht hätten. Statt der Homberger Bürger, die nun durch ihre Steuergelder dafür aufkommen, seien das die Bürgermeisterin und der Stadtrat. Aus diesem Grund beantragte Stumpf, dass der Magistrat Schadensersatzansprüche durch eine Kanzlei prüfen lassen soll. "Man muss aus so einer Situation lernen", sagte sie.
Als tendenziös bezeichnete Bürgermeisterin Ried die Darstellung und wehrte sich: "Die Fehler in Ihrer Darstellung sind hochproblematisch". Entgegen Stumpfs Darstellung sei der ursprüngliche Kaufvertrag als sittenwidrig identifiziert worden und lediglich festgestellt worden, dass auf dieser Grundlage kein Vorkaufsrecht ausgeführt werden kann. "Alles, was darüber hinaus geht, will ich nicht kommentieren. Das Thema ist durch", entgegnete Ried. Nachdem Eckhard Hisserich (Bürgerforum) wiederum die Ausführungen Rieds als unzutreffend bezeichnete und aus dem Urteil zitierte, wehrte sich Ried erneut: Sie wisse nicht, was die Politiker sich davon versprechen. "Die Kompetenzüberschreitung ist der Wahnsinn", sagte Ried.
Dass das Thema für die Bevölkerung von Interesse sei, machte Grünen-Fraktionschefin Barbara Schlemmer deutlich, immerhin seien es Steuergelder, die dafür genutzt werden. Stumpf pflichtete zu: In der Stadt würde viel Geld für Rechtsstreits ausgegeben werden. Es sei Aufgabe der Stadtverordnetenversammlung, hier Vergleiche anzustreben, doch mit der Bürgermeisterin könne man nicht reden. "Sie haben nie ein Gesprächstermin gemacht", entgegnete Ried. Andere Stadtverordneten würden das regelmäßig machen. Auch auf das schriftliche Angebot zu einem Gespräch kurz nach dem Amtseintritt sei Stumpf nicht eingegangen.
"Betroffene Hunde bellen. Ich bleib dabei", sagte Stumpf und forderte eine namentliche Abstimmung, damit man in dieser Sache sehe, "wer wo steht". Das zeigte sich deutlich: Mit fünf Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen wurde der geänderte Antrag abgelehnt.
Zur Erinnerung: In einem Rechtsstreit über eines von der Stadt ausgeübten Vorkaufsrechts wurde der angedachte Kaufvertrag "sittenwidrig" und damit als nichtig eingestuft. Zunächst hatte die Eigentümerin einen Kaufvertrag mit einem Dritten über das 2600 große, unbebaute Grundstück im geplanten Industrie- und Gewerbegebiet zu einem Preis von 1,55 Euro pro Quadratmeter geschlossen, ehe die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend machte und einen Kaufvertrag zu den gleichen Preisen wie der Vorgänger übermittelte. Erst danach erfuhr die Frau aus der Zeitung, dass die Stadtverordnetenversammlung beschlossen hatte, Grundstücke in dem geplanten Industriegebiet für damals noch sieben Euro pro Quadratmeter anzukaufen. Die Eigentümerin verweigerte daraufhin die Auflassung, die Stadt klagte auf Erteilung der Auflassungserklärung. Da es infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts zu einem inhaltsgleichen Kaufvertrag zwischen der Beklagten und der Stadt gekommen sei, "der wiederum wegen des erheblich unter dem Marktwert liegenden Kaufpreises gleichermaßen als sittenwidrig zu qualifizieren ist" urteilte das Gericht für die Beklagte. Eine Revision wurde im Urteil versagt.
Von Luisa Stock