Mögliches Solargroßprojekt auf bis zu 40 Hektar in Grebenau

Ein ungewöhnlicher Anblick für eine kommunale Bauausschusssitzung. Zahlreiche Grebenauer haben den Weg in die Auerberghalle gefunden, um sich aus erster Hand über das angedachte Projekt zu informieren. Foto: Christian Dickel
© Christian Dickel

Eine bis zu 40 Hektar große Photovoltaik-Freiflächenanlage (PV) zwischen Grebenau und Udenhausen plant die Firma Solargrün. Eine erste Projektvorstellung gab es am Mittwoch.

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GREBENAU/SCHWARZ. Eine bis zu 40 Hektar große Photovoltaik-Freiflächenanlage (PV) zwischen Grebenau und Udenhausen plus gegebenenfalls eine weitere Anlage in nicht genannter Größe zwischen Schwarz und Udenhausen plant die Firma Solargrün. Das Projekt hat das Unternehmen am Mittwochabend im Bauausschuss der Stadt Grebenau der Öffentlichkeit vorgestellt und zeitgleich eine umfangreiche Bürgerbeteiligung in Aussicht gestellt. Damit die Wirtschaftlichkeit gegeben ist, muss die Firma nach eigenen Angaben mindestens 20 Hektar realisieren, weil die Anlage(n) ans rund 9 Kilometer entfernte Umspannwerk in Eifa angeschlossen werden muss.

Bürgermeister Lars Wicke (Freie Wähler) informierte gleich zu Beginn über die Rahmenbedingungen und erinnerte an den Grundsatzbeschluss der Grebenauer Stadtverordnetenversammlung vom 3. Juni 2020. Dieser sieht keine PV-Freiflächenanlagen in Grebenauer Gemarkung vor. Jedoch habe sich seitdem vieles verändert, ob Krieg in Ukraine, Energiekrise oder auch die politisch verordnete Energiewende. "Davor können wir uns nicht verwehren", so der Rathauschef. Jedoch gehe es bei der Projektvorstellung noch nicht um das Pro und Contra, sondern lediglich darum, was angedacht sei. Der Vorteil von PV-Projekten im Gegensatz zu Windkraftanlagen (WKA) sei, dass die Stadt darüber die Planungshoheit habe, während sie bei (WKA) lediglich angehört werde. "Die Stadt ist somit Herr des Verfahrens. Aber es besteht die Gefahr, dass nur eine Änderung im Baugesetzbuch PV mit WKA gleichstellt. Ab dann würden andere Behörden über uns entscheiden", so Wicke. Daher empfahl er, in den kommenden Monaten eine Entscheidung zu treffen, bevor sie der Stadt aus der Hand genommen werden könnte.

Im Anschluss stellten Sven Bauer und Tobias Zinsser von der Firma Solargrün das Projekt näher vor. Für das Unternehmen sei die angedachte Anlage größer als sonst üblich. Das gelte auch für die Regionalplanung Mittelhessen, die somit auch involviert sei. Pluspunkte für das Projekt seien, dass die Fläche neben der Landstraße praktisch kaum einsehbar sei, die Bodenrichtwerte niedrig und es kaum Restriktionen gebe, führte Bauer aus. Da es sich um landwirtschaftlich genutzte Fläche handele, brauche es wie bei PV-Freiflächen üblich ein Zielabweichungsverfahren. "Wir haben hier wenig zu beachten bis auf ein Biotop, das bei der Planung ausgespart werden muss. Dort zu bauen ist schlicht und ergreifend verboten. Aber die ganz große Ebene ist nahezu restriktionsfrei", so Bauer über die Fläche rechtsseitig der Landstraße zwischen Grebenau und Udenhausen. Die aktuelle Planung, die sich aber vermutlich noch verändern werde, betrage genau 38,6 Hektar. Er schätze, dass man am Ende zwischen 35 und 40 Hektar rauskommen werde, mit einer Leistung von 55 Megawatt und 83.000 Einzelmodulen. Tobias Zinsser sprach kurz die zweite mögliche Fläche zwischen Schwarz und Udenhausen an, die erst im Nachgang aufgekommen sei. Das seien nochmals einige Hektar, die ebenfalls weitestgehend restriktionsfrei seien. Geplant seien die Anlagen mit einem Bodenabstand von 80 Zentimetern, sodass die Pflege mit Schafbeweidung oder einer anderen Art gewährleistet sei. Falls die Stadt noch im vierten Quartal einen Satzungsbeschluss fassen sollte, gehe es im nächsten Schritt in die Offenlage. Theoretisch könnte die Anlage dann Ende 2025 ans Netz gehen. Bei Umsetzung würden 58 Millionen Kilowattstunden im Jahr eingespeist, 39 Tonnen CO2 gespart und 20.000 Zweipersonenhaushalte mit Strom versorgt.

Bauer erklärte im Anschluss, welche finanziellen Einnahmen die Stadt erwarten kann. Das seien alleine durch die Gewerbesteuer über die Laufzeit hinweg 3,5 Millionen Euro. Gesetzlich blieben 90 Prozent der Gewerbesteuer bei der Standortkommune, Solargrün wolle aber 100 Prozent durch eine Gesellschaft vor Ort zusichern. Weitere Einnahmen erhalte die Stadt durch die vorgeschriebene Beteiligung an den Stromerlösen (0,2 Cent pro Kilowattstunde mindestens aber darüber hinaus frei verhandelbar), Pachtzahlungen für Wege- und Trassennutzung und gegebenenfalls durch Grünpflege. Bei Wartung und Instandhaltung setze man auf lokale Unternehmen, sodass auch diese zum Zug kämen. Danach kamen die Firmenvertreter auf zahlreiche Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung, wie Energiegenossenschaft, Nachrangdarlehen, Zusammenarbeit mit der Sparkasse vor Ort für lukrative Sparbriefe mit aktueller Verzinsung von 4,5 bis 5 Prozent oder auch Darlehen direkt über Solargrün von Zinsen bis zu 7 Prozent. Letzteres sei aber ehrlicherweise mit einem hohen Risiko verbunden. Seine Empfehlung laute daher immer Energiegenossenschaft. "Hierbei partizipieren die Bürger direkt und das Risiko ist für alle am geringsten", so Bauer. Man könne eine eigene Energiegenossenschaft gründen oder das Projekt an die Energiegenossenschaft Vogelsberg (EGV) geben und somit bereits vorhandene Strukturen nutzen. Die EGV sei bereits lose angesprochen worden.

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Bevor Mandatsträger, Ortsbeiratsmitglieder und auch Bürger fragen stellen konnten, machte Bürgermeister Wicke deutlich: "Es ist noch keine Entscheidung getroffen, aber unser Ziel muss sein, dass die Stadt und die Bürger vor Ort finanziell profitieren. Es darf nicht sein, dass an so einem Projekt nur Betreiber und Verpächter viel Geld verdienen." Das Projekt sei übrigens von den Landeigentümern angestoßen worden und nicht vom Projektierer oder der Stadt. Bei den Eigentümern handele es sich durchweg um aktive Landwirte und nicht um Verpächter.

Zinsser erläuterte noch während der Fragerunde, dass bei Projektrealisierung und 42 Hektar die Stadt Grebenau 2 Prozent der Fläche belegt habe und es somit keine weiteren Anlagen in der Kommune geben werde. Die 2 Prozent der Landesfläche habe die Politik bis zum Jahr 2050 vorgesehen, um Volldeckung mit Erneuerbaren Energien zu erreichen.

Bei den weiteren Fragen der Zuhörer ging es vor allem um die finanzielle Absicherung für einen Rückbau in 30 Jahren, Interesse an der Höhe der Pachteinnahmen der Landeigentümer oder wie die städtischen Mehreinnahmen den Bürgern zugutekommen könnten. Bei Letzterem machte Wicke deutlich, dass das Geld in den Gesamthaushalt einfließe und beispielsweise für die Tariferhöhung im Öffentlichen Dienst, Wasser und Kanal oder Kindergarten gebraucht werde. Er könne nicht wegdiskutieren, dass man mit rund 2500 Einwohnern die Infrastruktur stemmen müsse und die Stadt nicht auf Rosen gebettet sei.

Ihm sei zunächst wichtig gewesen, dass nun alle erst einmal auf demselben Wissensstand sind. Die Mandatsträger würden sich nun Gedanken machen und auch in Gesprächen mit Bürgern einen Grundtenor zum Projekt in Erfahrung bringen. Er selbst finde, dass man nun nicht jahrelang diskutieren sollte, sondern in einigen Monaten zu einer Entscheidung zu kommen. "Ganz egal wie diese auch aussieht", so Wicke. Bauausschussvorsitzender Matthias Muhl, der die Sitzung leitete, wies noch darauf hin, dass es nicht nur noch viele Beratungen in der Stadtverordnetenversammlung geben werde, sondern auch in den Ortsbeiräten.