Lukas Becker übergibt Dekanat Liste für die Evangelische Landeskirche: Einsatz gegen mögliche Reduzierung der Pfarrstelle im Kirchspiel Ehringshausen.
Von Benjamin Gössl und Christine Heil
Lukas Becker (Zweiter von links) überreicht dem kommissarischen Dekan Dr. Jürgen Sauer (Zweiter von rechts) die Unterschriftenliste im Beisein von Präses Sylvia Bräuning und Beckers Begleitung, Bernhard Freiherr Schenck zu Schweinsberg. Foto: Heil
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GEMÜNDEN/FELDATAL - Gemünden/FeldatalNicht einfach eine Entwicklung geschehen lassen, sondern etwas unternehmen. Das war der Impuls des Ehringshäusers Lukas Becker, als er von der möglichen Reduzierung der Pfarrstelle im Kirchspiel Ehringshausen hörte. Dort soll die Stelle möglicherweise von einer vollen auf eine halbe reduziert werden. Das missfällt dem jungen Mann. Deswegen hat er in den vergangenen drei Wochen Unterschriften gegen die Stellenkürzung gesammelt. Die Liste mit den 276 Unterzeichnern hat der 21-Jährige am Mittwochabend im Evangelischen Dekanat in Alsfeld dem kommissarischen Dekan Dr. Jürgen Sauer übergeben.
Der allerdings kann die Unterschriften nur an die Landeskirche - die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) - weitergeben, lobte aber den Einsatz des jungen Mannes: "Ich finde es toll, dass sich ein junger Mensch so engagiert. Daher leiten wir das gerne weiter", erklärte Sauer. Konkret könne er zur Pfarrstellenbemessung nichts sagen. Die Entscheidung obliege der Synode. Daher gab es auch keine Auskunft, wo möglicherweise im fusionierten Dekanat Vogelsberg Stellen reduziert oder gar gestrichen werden könnten.
Beschäftigen wird das Thema die neue Dekanatssynode in ihrer April-Sitzung. Nach gesamtkirchlichen Vorgaben müssen bis Ende des Jahres 2024 3,5 Pfarrstellen und 0,5 Fachstellen im regionalen Sollstellenplan gestrichen werden (unsere Zeitung berichtete).
Eine große Chance, dies noch abzuwenden, sieht der Dekan nicht. Das sei Kirchengesetz - "das müssen wir umsetzen". Umsonst war das Unterschriften-Sammeln von Lukas Becker trotzdem nicht. Denn vielleicht könnte eine solche Aktion bei der nächsten Pfarrstellenneubemessung der Kirche Berücksichtigung finden, machte Sauer Mut. "Engagement ist immer gut, sehr positiv. Es zeigt Interesse", lobte der Dekan.
"Egal, was die Unterschriften bringen, ich habe etwas gemacht", ließ sich Lukas Becker nicht entmutigen. Durch die Unterschriftenaktion werde die Landeskirche aufgerufen, die mögliche Stellenkürzung noch einmal zu überdenken, erklärte er. Verständnis hatte der 21-Jährige aber auch für die Situation der Kirche vor Ort: "Sie als Dekanat haben den Schwarzen Peter", sagte er, weil die Verantwortung für die geplanten Stellenkürzungen bei der Landeskirche liege.
Zum Hintergrund: Aktuell besetzt Thomas Harsch die Pfarrstelle im Kirchspiel Ehringshausen, zu dem auch Rülfenrod sowie die Feldataler Ortsteile Ermenrod, Zeilbach und Schellnhausen gehören. Auf rund 900 Gläubige schätzt Becker die Mitgliederzahl. Als er von der drohenden Stellenkürzung hörte, wollte er etwas unternehmen. Als Möglichkeit zog er eine Unterschriftensammlung in Betracht. "Zwei bis drei Stunden war ich in den letzten drei Wochen unterwegs und habe Unterschriften gesammelt und viele Gespräche zu dem Thema geführt", erläuterte Becker. Viele der Befragten hatten von der Thematik selbst noch keine Kenntnis. Unter anderem hat er sich mit allen vier Kirchenvorständen in Kontakt gesetzt, um für sein Vorhaben zu werben. Mitglieder des Kirchenvorstands seien es auch gewesen, die ihm beim Sammeln von Unterschriften in den Dörfern des Kirchspiels halfen.
"Was soll ich in der Kirche noch, wenn sich immer mehr aus der Fläche zurückgezogen wird?", fragte der junge Mann, der sich auch kommunalpolitisch in der Gemeindevertretung Gemünden für die SPD engagiert. Auch dass die Kirchengemeinden kein Mitbestimmungsrecht haben, ärgerte ihn. "Ich habe das Gefühl, dass der ländliche Raum immer mehr an Bedeutung verliert, auch für die Kirche", sagte er. "Doch gerade dort, wo Strukturen schon schwach sind, da muss doch die Kirche stark sein."
Zumal Pfarrer Harsch eine "hervorragende Arbeit" leiste. Ob die Stelle nach einer Kürzung, die laut Becker möglicherweise 2023/2024 aufgrund neuer Bemessungsgrundlagen erfolgen könnte, attraktiv für andere Bewerber sei, sei eine weitere Frage, die er sich stelle. Einhergehend mit der Reduzierung sei ja auch, dass sich die Arbeit des einzelnen Geistlichen erhöhe. "Das ist doch ein Nachteil für die Gemeinde", meinte Becker. "Man sollte doch lieber versuchen, die Pfarrer zu halten, wo noch welche sind." Auch eine weitere Zusammenlegung findet er schwierig. So hätten sich die Kirchengemeinden Burg- und Nieder-Gemünden erst zusammengeschlossen, eine Angliederung an Homberg finde er schwierig ob der Größenverhältnisse. Wie die Entwicklung weiter geht? Lukas Becker wird dranbleiben.