Gemünden (gka). Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) der Gemündener Gemeindevertretung hat eine Empfehlung für die nötige Erhöhung der Gemeindesteuern beschlossen. Er...
GEMÜNDEN. Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) der Gemündener Gemeindevertretung hat eine Empfehlung für die nötige Erhöhung der Gemeindesteuern beschlossen. Er schlägt der Gemeindevertretung vor, die Steuerlast gleichmäßiger als zunächst vorgesehen auf alle Steuerpflichtigen zu verteilen.
So sollen die Steuersätze für die beiden Grundsteuern A und B weniger stark, die Gewerbesteuer hingegen etwas stärker steigen als zunächst vorgesehen. Der Gemeindevorstand hatte den Gemeindevertreterinnen und -vertretern einen Beschluss vorgelegt, der die Anhebung der Hebesätze für die Gewerbesteuer auf 400 Prozent und für die Grundsteuern A und B jeweils auf 450 Prozent vorsah. Im Moment betragen letztere jeweils 365 Prozent, die Gewerbesteuer wird mit 380 Prozent berechnet. Die Initiative zur Neu-Gestaltung der "Hebesatzsatzung" ging von der Unabhängigen Bürgerliste (UBL) aus. Sie brachte zur letzten Gemeindevertretungssitzung den Antrag ein, die Grundsteuersätze jeweils "nur" auf 402 Prozentpunkte und den Gewerbesteuersatz auf 418 Prozent anzuheben.
Über den Antrag wurde von den Abgeordneten jedoch nicht entscheiden, sie verwiesen ihn einstimmig in den HFA zur weiteren Diskussion. In dieser tauschten jetzt die Fraktionen und Bürgermeister Daniel Müller (Bürgergemeinschaft Gemünden, BGG) eingehend die Argumente für und wider das jeweils favorisierte Steuerkonzept aus.
Dass Gemünden sich in einer schwierigen finanziellen Situation befindet, die es nötig macht, sparsam zu wirtschaften und gleichzeitig für mehr Einnahmen zu sorgen, war in der Haushaltsdebatte bereits deutlich geworden. Es fehlen der Gemeinde mehr als 600 000 Euro. Durch einen Rückgriff auf ihre Rücklagen lässt sich der Fehlbetrag jedoch ausgleichen - noch. Da die verschiedenen bereits begonnenen Vorhaben, wie beispielsweise der Kita-Ausbau, die Gemeindekasse in den nächsten Jahren weiter mit Millionenbeträgen belasten werden, rechnet der Bürgermeister damit, dass der Fehlbetrag sich noch erhöhen wird, bei der derzeitigen Datenbasis auf mehr als 800 000 Euro pro Jahr. Spätestens 2027 sei dessen Deckung durch Finanzreserven nicht mehr möglich. Schon jetzt erfordert die Finanzierung der laufenden Maßnahmen eine erhebliche Kreditaufnahme und führt zur weiteren Verschuldung der Gemeinde. Für dieses Jahr ist eine Kreditaufnahme in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro vorgesehen.
Vor diesem Hintergrund hatte Müller bereits bei der Einbringung des Haushalts in der Gemeindevertretung Anfang März Steuererhöhungen und die Überprüfung aller Gebührenregelungen der Gemeinde als unumgänglich bezeichnet, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen.
Das von ihm im Einvernehmen mit dem Gemeindevorstand entwickelte Steuerkonzept hält die BGG für das geeignete Konzept. Deren Fraktionsvorsitzender Tim Henkel ordnete die vorgeschlagenen Steuersätze im HFA als angemessen ein, im Vergleich zu den anderen Vogelsberger Kommunen. Insbesondere eine höhere Gewerbesteuer, von 418 Prozentpunkten, wie sie der UBL-Vorschlag vorsah, sei im Kreisvergleich zu hoch. Sie liege deutlich über dem Durchschnitt von 392 Prozent. "Das Risiko, Gewerbebetriebe nicht anwerben zu können oder sie gar zu verlieren, ist zu hoch," so Henkel. Dem hielten der Vorsitzende des HFA, Klaus-Dieter Jensen von der Unabhängigen Bürgerliste (UBL) und sein Fraktionskollege Eckhard Reitz entgegen, dass der Vergleich mit dem Kreisdurchschnitt wenig sinnvoll sei. Wichtig seien Gemeinden von vergleichbarer Größe und Struktur. Eine Steuersatzanhebung in der Größenordnung von 25 Prozent sei den Gemündener Bürgern außerdem "nur schwer vermittelbar", so Jensen. Eine stärkere Gewichtung der Gewerbesteuer und dafür niedrigere Grundsteuersätze sorgten für eine ausgeglichenere Lastenverteilung. Jensen gab zudem zu bedenken, dass in Anbetracht des in den nächsten Jahren zunehmend schwieriger werdenden Haushaltsausgleichs möglicherweise die Kommunalaufsicht zum Ausgleich Steuererhöhungen verlangen werde. "Dann können wir sehr schnell sehr hohe Steuersätze bekommen." Das wünsche sich niemand, aber die Möglichkeit müsse in Betracht gezogen werden.
Überlegungen zur künftigen Steuerentwicklung hielt der Bürgermeister für wenig hilfreich in der Diskussion. Sie seien mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet, was insbesondere für die Gewerbesteuerentwicklung, aber auch für die politische Auseinandersetzung um die Neugestaltung der Grundsteuer gelte. "Wir müssen mit größtmöglicher Sicherheit gestalten", so seine Forderung. Dabei verwies er darauf, dass der Gemeindehaushalt auf der Basis der vom Gemeindevorstand erarbeiteten Steuersätze aufgestellt worden sei. Dass ihr Konzept zu etwas geringeren Einnahmen führen könne, räumten die UBL-Vertreter ein, hielten diese jedoch für vertretbar. "Unser Konzept ist vom Steueraufkommen her fast gleich, vermeidet aber das Ungleichgewicht des Vorstandskonzepts," betonte Jensen. Die Absicht, die Steuerbelastung auf möglichst viele "Schultern zu verteilen", traf bei Lukas Becker, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, auf Zustimmung. Dem Argument von Henkel, dass man das Gewerbe nicht zu stark belasten dürfte, hielt er die Frage entgegen: "Warum verlangen wir von den Bürgern so viel mehr?"
Dem Diskussionsverlauf entsprechend wurden schließlich mit den Stimmen von UBL und SPD die Steuersätze des UBL-Vorschlags als Empfehlung für die Gemeindevertretung angenommen. Am 6. Juli wird diese abschließend entscheiden.
Preise für Bauland
Nichts zu entscheiden hatte der HFA zu der Frage, welche Preise Gemünden in Zukunft für eigene Baugrundstücke verlangen will, wenn deren Verkauf möglich ist. Der Gemeindevorstand legte dem Ausschuss auf SPD-Initiative hin eine "Abfrage von Baulandpreisen in vergleichbaren Kommunen" vor. Eindeutige Schlussfolgerungen oder gar Handlungsanleitungen ließen sich daraus jedoch nicht ableiten. Sah Tim Henkel aktuell eher eine Tendenz zu einer Nachfrage nach Bauland, die geringe Preiserhöhungen ermögliche, so machte Eckhard Reitz einen "Nachfrageeinbruch" aus, der dem entgegenstand. Da - abgesehen von dem Baugebiet zwischen Burg- und Nieder-Gemünden, das ein privater Investor erschließt und vermarktet - die Gemeinde derzeit nur ein einziges Baugrundstück auf dem Markt anbietet, entschied man sich das Abfrageergebnis als Grundlage für weitere Überlegungen anzusehen, aber keine unmittelbare Initiative für eine andere Preisgestaltung zu ergreifen.