Ohne eine Neuaufstellung des Flächennutzungsplans sieht die SPD die Stadt in einer Schieflage.
(Archivfoto: Andreas Ungermann)
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ALSFELD - Alsfeld (red). „Bedauerlicherweise ist im Bauausschuss, wie auch in der Stadtverordnetenversammlung erneut deutlich geworden, dass Bürgermeister und Koalition aus CDU und UWA keine Idee für die Zukunft Alsfelds haben und auch nicht daran denken, eine solche zu entwickeln“, so die Alsfelder SPD in einer Pressemeldung. Jeder Antrag der Sozialdemokraten zur Stadtentwicklung werde konsequent abgelehnt.
„Handeln, statt Planen“, heiße es immer von CDU-Seite, müsste aber eher lauten „Reagieren, statt Planen“. Die Koalition weigere sich, die bereits am 11. September 2013 in der Stadtverordnetenversammlung beschlossene und längst überfällige Neuaufstellung des Flächennutzungsplans gezielt voranzutreiben oder irgendein Gesamtkonzept für die Stadt Alsfeld zu entwickeln. Lieber reagiere man von Koalitionsseite auf Anfragen von möglichen Investoren, anstatt offensiv ein Stadtmarketing mit einem definierten Entwicklungsprofil zu verfolgen. Seit nunmehr bald neun Jahren nach Beschlussfassung sei es dem Bürgermeister nicht gelungen, einen Vorentwurf zum Flächennutzungsplan zu veröffentlichen.
Die letzte Planung für die Stadtentwicklung Alsfelds in Form des Gesamt-Flächennutzungsplans stamme aus dem Jahr 1988 und nicht aus dem Jahr 2000, wie der Bürgermeister letztlich in der Stadtverordnetenversammlung behauptet habe. „Aber es ist der Flächennutzungsplan, als vorbereitende Planung, der die Ziele für die Flächenentwicklungen in der Gesamtstadt definiert“, so die SPD. Dieser Plan sollte in der Regel alle zehn Jahre neu aufgestellt werden, um aktuellen Entwicklungen gerecht zu werden. Jetzt sei der Alsfelder Flächennutzungsplan inzwischen gut 33 Jahre alt und somit endgültig überholt (inzwischen über 40 Änderungen). Nicht ohne Grund habe man seinerzeit 2013 die Neuaufstellung des Gesamt-Flächennutzungsplans – noch mit SPD und ALA-Mehrheit – beschlossen. Leider liege den Bürgern bis heute nicht einmal ein Vorentwurf vor. Die Bauleitplanung, hier die vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan), sei das für die Kommune wichtigste Gestaltungselement, um die Entwicklung im gesamten Stadtgebiet zu planen und zu steuern. „Hiermit werden Bereiche des Wohnens, des Gewerbes, der öffentlichen Nutzung, der landwirtschaftlichen Nutzung, der Naherholung, ökologische Schutzgebiete, Verkehrswege und vieles mehr vorbestimmt. Mit einem Verzicht darauf beraubt sich die Stadt ihres essenziellen Gestaltungsinstruments, das ihr der Gesetzgeber über das Baugesetzbuch eingeräumt hat. Die Nichtverfolgung dieser Planung verhindert zudem die umfängliche Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Zukunftsentwicklung der Stadt“, meint die SPD.
Stattdessen verliere man sich seit mehreren Jahren in Einzelprojekten, weil es gerade hierzu ein Förderprogramm gibt: IKEK, ISEK, Fahrradwege in der Innenstadt mit ausgewählten Ortsteilen seien nur als einige Beispiele genannt. In jedes Förderprogramm steige man ein, ohne eine Gesamtidee von der Stadt zu haben. Dies bedeute, dass die gesamte Arbeitskraft der Stadtplanung im Produzieren und Abarbeiten von Förderprojekten gebunden sei, anstatt dem eigentlichem Arbeitsauftrag – Stadtplanung – Rechnung tragen zu können. „Hierzu fehlt der politische Wille der amtierenden Stadtregierung“, so die Sozialdemokraten. Diese Projekte müssten sich eigentlich einem größeren Gesamtentwicklungskonzept unterordnen oder zumindest darin einfügen, welches nicht existiere. Die Stadt solle doch bitte das konkret umzusetzen, was zu einem existenten Gesamtkonzept passe und entsprechend gefördert werde und nicht umgekehrt.
Um den Bürgern zu verdeutlichen, um was es gehe, zieht der SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Quehl einen privaten Hausbau als Beispiel heran. „Ich möchte Wohnen und ein Haus auf einem Grundstück bauen.
Hier sind gerade schöne Fliesen erhältlich, die kaufe ich schon mal. Wasserrohre sind gerade günstig, die bestelle ich schon mal. Mauerziegel kaufe ich auch schon, weil die gerade im Angebot sind. Kein Häuslebauer würde so vorgehen“, sagt Quehl. Hier gebe es einen Planer, der ein Haus für das ausgesuchte Grundstück entwerfe. Mit diesem Hausplan überlege man sich, was man dafür braucht: Das Fundament, den Keller, das Mauerwerk, das Dach, die Ausstattung. Danach schaue man nach den Angeboten und entscheide sich dann für ein Produkt.
„Nicht anders verhält sich dies mit der Flächennutzungsplanung. Man muss erst einmal eine Idee davon haben, wo und wie man wohnen, arbeiten, sich erholen will, um danach die Straßen, Spielplätze und Fahrradwege anzulegen“, betonen die Sozialdemokraten.
Einwand der CDU-UWA-Koalition nebst Bürgermeister: Die freie Wirtschaft könne das mitunter besser und bringe neue Ideen. Deshalb werde nicht geplant, sondern auf Vorschläge gewartet, die dann bei Geeignetheit im Einzelfall umgesetzt würden.
„Zugegeben, auch ein Haus wird immer wieder einmal umgebaut – eine Wand entfernt – ein Raum anders genutzt, oder es bekommt einen neuen Anstrich. Aber ohne Plan stünde das Haus nicht. Ohne Idee, wie ich künftig leben/wohnen will, verfolge ich kein Ziel“, sagt Quehl.
„Der Bürgermeister sprach von einer ‚Generalabrechnung‘ mit ihm und seiner Koalition und verwies in der letzten Stadtverordnetenversammlung auf ‚seine Erfolge seit 2013‘. Mitnichten. Wer sich mit dem Thema beschäftigt, weiß, die Grundlage liegt im sogenannten ‚Alsfeld-Urteil‘ (Neuaufstellung des Kommunalen Finanzausgleiches) unter dem damaligen SPD-Bürgermeister Becker. Nach der Wirtschaftskrise Ende der 2000er-Jahre erholte sich zudem die Gesamtwirtschaftslage aufgrund bundespolitischer Entscheidungen und Förderprogrammen. Das sollten der Bürgermeister und die Koalition nicht vergessen – und das auch einmal zugeben. Denn daran arbeiteten SPD und CDU als Bundeskoalition gemeinsam“, so Quehl. Alsfeld habe mit großem Anteil von der übergeordneten Wirtschaftsentwicklung profitiert.
„Stadtplanung bedarf einer Planung, nicht der zufälligen Willkür, wie sie derzeit von CDU und UWA im Schulterschluss mit dem Bürgermeister betrieben wird, jenseits der öffentlichen Beteiligung über ein öffentliches Planungsinstrument – den Flächennutzungsplan, den wir dringend in Alsfeld brauchen. Mit unserem Antrag wollten wir zusammenführen, was sowieso zusammen betrachtet werden muss und verbinden“, führt die stellvertretende Vorsitzende Ute Koch aus.