60 Zuhörer nehmen an zweitem Vortrag von Lokalhistoriker und Angenröder Ingfried Stahl in Angenrod teil. Vor 750 Jahren ist der Ort zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden.
ANGENROD. Bei der zweiten Vortragsveranstaltung am Freitagabend im Angenröder Dorfgemeinschaftshaus referierte Angenrods Lokalhistoriker Prof. Dr. Ingfried Stahl vor fast 60 Zuhörern über Aspekte und Highlights der örtlichen Geschichte seit Ersterwähnung des Dorfes vor 750 Jahren.
Mit insbesondere der einleitenden Begrüßung mit "Liebe Angererer", gefolgt von "liebe Angenröder und sehr geehrte Damen und Herren", unterstrich der Vortragende sogleich das nachfolgende lokale Kolorit seines Rhetorik-Duktus: zwanglos und improvisiert und zumeist in der örtlichen Umgangssprache formuliert, wie zum Beispiel bei der Formulierung für die "Judenschule" als "Jirreschul". Aus der schier überwältigenden Zahl von historischen Ereignissen, die in dem dreiviertel Jahrtausend Angenröder Geschichte mit Archivalien und Tradierungen auch bereits mit drei großvolumigen Bildbänden und einer Reihe von weiteren geschichtlichen Beiträgen und Mitteilungen in historischen Fachzeitschriften und auch in der OZ-Heimatchronik dokumentiert werden, wählte Stahl exemplarisch diejenigen aus, die auch die Zuhörerschaft der Gegenwart besonders ansprechen sollte. In der ersten Vortragsstunde befasste sich Stahl zunächst mit dem die Geschichte Angenrods einleitenden und zentral an der Antreff gelegenen Hofgut Angenrods, der ursprünglichen Wasserburg aus dem 15. Jahrhundert. Er präsentierte dabei auch die ersten noch in der OZ erschienenen Veröffentlichungen zur alten Geschichte des jetzigen Alsfelder Stadtteils, zum einen 1951 von dem Ruhlkirchener Arzt Dr. Friedrich Wilhelm Kraus, der sich insbesondere auch mit dem Stammbaum der Niederadligen hier, derer von Wehrda genannt Noding, sowie auch der Waserburganlage befasste.
Der Referent unterlegte seine Erläuterungen mit zahlreichen Original-Scans aus den Kirchenbüchern, wobei der jeweilige Pfarrer als zuverlässiger Chronist der örtlichen Geschichte fungierte. Viele Berufe wie Schmied, Oberster- und Unterster Müller, Schneider, Ackermann, Gerichtsschöffe, Gemeindmann, Jäger, Schweinehirt, Schäfer und auch Opfermann seien dabei namentlich zugeordnet zu entnehmen. In diesem Detailreichtum sei dies leider in den Staatsarchiven nicht der Fall.
Weitere Themenschwerpunkte des Referats bildeten dann auch die Jüdische Gemeinde Angenrods mit exemplarischer Vorstellung des letzten Angenröder Parnass, des Viehhändlers Sally Wertheim, später mit den letzten acht im Haus Speier eingepferchten Israeliten dann auch Shoah-Opfer (siehe dazu Bericht oben), die Grafen von Bernstorff, die einzelnen belegbaren Hofgutpächer, die Angenröder Gastwirtschaften mit insbesondere der mehrere Generationen umfassenden Linie der Bambeys, der von "Gosse", und der von Zulauf und Joseph Wertheim an der Hauptstrasse. Präsentiert wurden auch die historischen Grußkarten, auf denen stets auch die Gastwirtschaften mit abgebildet worden seien.
Im zweiten Vortragspart war zunächst der Fokus gerichtet auf das Haus Speier und seine Renovierung als gut genutzte Gedenkstätte - auch deren Spiritus Rector, Konrad Rüssel, war als Gast beim Vortrag zugegen. Die Vorstellung von Angenrods letzten Bürgermeistern, die Präsentation der örtlichen historischen Gewerbebetriebe wie der beiden Mühlen, der Schmieden, der Schreinereien, der Möbelfabrik und auch der Läden. Zu allen Bereichen wurden auch die Bilder der jeweiligen Unternehmer vorgestellt, die noch dem einen oder anderen etwas sagten, weil sie diese noch persönlich kannten.
Zudem wurde auch mit Bildern auf die alten Vereine Bezug genommen, darunter ein "Bürgerverein zu Angenrod" 1849 mit einer Fahnenweihe nach den Zeiten der Aufklärung. Ein buntes Potpourri von historischen Fotos Angenrods sowie auch jüngeren mit dann auch eingehender Erläuterung der Angenröder seit dem zumeist 19. Jahrhundert geläufigen Dorfnamen.
Zum Schluss seines Vortragsmarathons präsentierte Ingfried Stahl auch noch die Fotos von zahlreichen seiner Zeitzeugen für die Publikationen, von denen leider nur noch die Angenröderin Herta Friedrich, geborene Bernhard, mittlerweile 96 Jahre alt, lebt. Es folgte noch ein Foto aus dem Cockpit des Helikopters, aufgenommen beim Jubiläumsrundflug.
Mit lang anhaltendem Applaus endete schließlich der informative Vortrag zur Geschichte des Alsfelder Stadtteilds im Zuge der 750-Jahr-Feierlichkeiten.