Angesichts stagnierender Wasserstände am Rhein kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Das seichte Wasser wirkt sich zudem auf die Arbeit der Wasserschutzpolizei aus.
MAINZ. Die Niedrigwasserphase am Rhein hält weiter an. Nachdem Regenfälle die Wasserstände zwischenzeitlich wieder hatten ansteigen lassen, sind die Werte in den vergangenen Tagen erneut gesunken. Die Behörden geben noch keine Entwarnung.
„Die aktuellen Werte sind zwar nicht außergewöhnlich, aber wir sprechen weiterhin von Niedrigwasser“, sagt Torsten Ruhl, Leiter der Wasserschutzpolizeistation Mainz und deren Außenstelle in Bingen, im Gespräch mit dieser Zeitung. Zumal im September erfahrungsgemäß weitere Niedrigwasserschübe einsetzen könnten. „Der Zeitpunkt, um Entwarnung zu geben, ist also noch nicht gekommen. Man muss die Situation beobachten, stets flexibel auf Entwicklungen reagieren können“, so Ruhl.
Frachtschiffe passen Ladungsmengen an
Flexibel bleiben muss neben den zuständigen Behörden um Wasserschutzpolizei sowie Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung insbesondere auch die gewerbliche Binnenschifffahrt. Frachtschiffe passen ihre Ladungsmengen seit Wochen an die Wasserstände an. Die Binnenschiffer sind verantwortlich, ihren Tiefgang der jeweiligen Fahrrinnentiefe entsprechend zu regulieren, um Festfahrungen zu vermeiden. Allerdings gibt es bei Niedrigwasser, im Gegensatz zu Hochwasser, mit Blick auf den Wasserstand keine Schwellenwerte, bei deren Überschreiten konkrete Auflagen oder Verbote greifen.
Am Sonntag vergangener Woche war der Wasserstand des Rheins am Pegel Mainz nach Niederschlägen wieder auf über zwei Meter angestiegen. Die Situation entlang des Ufers und in Häfen entspannte sich zunächst. Doch nach dem Anstieg zog sich der Fluss in den vergangenen Tagen wieder etwas zurück. Der Wasserstand sank, lag am Donnerstag dieser Woche bei 1,79 Metern. Am Freitag folgte zwar erneut ein leichter Anstieg. Die Werte schwanken jedoch, bewegen sich aber konstant auf dem Niveau eines mittleren Niedrigwassers. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Wasserstand im Rhein am Pegel Mainz liegt bei 2,91 Metern.
Wie WSP-Stationsleiter Ruhl berichtet, habe die Niedrigwasserphase zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Arbeit der Wasserschutzpolizei, auf interne Abläufe, zudem das Einsatzgeschehen. „Die Einsatzanlässe verändern sich“, sagt Ruhl. Wenn Menschen etwa, wie in den vergangenen Wochen wiederholt geschehen, in freigelegten Uferbereichen Überbleibsel aus den Weltkriegen wie Waffen, Munition oder gar Bomben entdeckten und meldeten.
Darüber hinaus behalte die Wasserschutzpolizei die freigelegten und dadurch weitläufigeren Uferbereiche besonders im Blick, bestreife sie verstärkt. „Die Menschen nutzen den zusätzlichen Raum, der sich ihnen bietet. Aber die Gefahren, die vom Rhein ausgehen, bleiben sehr real“, so Ruhl. Mehr noch: Bei Niedrigwasser seien Wechselwirkungen zwischen Strömung und Wellenschlag durch Schiffe sowie entsprechende Verwirbelungen und Sogwirkungen noch unberechenbarer.
Kontrollen rund um die Naturschutzgebiete
Zur aktuellen Streifenroutine der Wasserschutzpolizei gehören auch Kontrollen rund um Naturschutzgebiete wie den Bereich um die Inseln Fulder Aue und Ilmen Aue zwischen Bingen und Ingelheim. Das Ufer weitet sich aus, Sandbänke fallen frei, Inseln sind teils fußläufig erreichbar. So mancher nutzt die sich dadurch bietenden Gelegenheiten, missachtet für Naturschutzgebiete geltende Vorgaben und Verbote. „Wir müssen immer wieder eingreifen, die Einhaltung der Regeln aktiv einfordern“, berichtet Ruhl.
„Insgesamt hat sich die Niedrigwassersituation noch nicht entspannt“, sagt auch Claudia Thoma von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt mit Sitz in Bonn. Zwar hätten Niederschläge in Süddeutschland vor allem an Rhein und Donau zunächst zum Ansteigen der Wasserstände geführt. Den 14-Tage-Prognosen zufolge sei am Mittelrhein jedoch von stagnierenden Wasserständen auszugehen, am Niederrhein von stagnierenden bis leicht fallenden Wasserständen, so Thoma. Zu außergewöhnlichen Zwischenfällen wie Festfahrungen oder Unfällen sei es bislang nicht gekommen. „Die meisten Pegel am Rhein lagen bisher über den Werten, die im Niedrigwasserjahr 2018 erreicht wurden“, führt die GDWS-Sprecherin aus. Nur am Niederrhein seien bei den Tagesmittelwerten an den Pegeln Wesel, Rees und Emmerich die niedrigsten Werte unterschritten worden.
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Der niedrigste Tagesmittelwert am Pegel Mainz sei in der aktuellen Niedrigwasserperiode mit 1,32 Metern vom 14. bis 16. August erfasst worden. Zum Vergleich: In den Niedrigwasserjahren 2003 und 2018 lag der tiefste Tagesmittelwert in Mainz bei 1,29 Metern am 28. September 2003 beziehungsweise bei 1,22 Metern am 21. Oktober 2018. Der niedrigste am Pegel Mainz gemessene Wert liegt laut Deutschem Gewässerkundlichem Jahrbuch bei 1,10 Metern am 2. November 1947.
Dennoch seien auch in der aktuellen Niedrigwasserphase Auswirkungen spürbar: „Bei niedrigen Pegelständen können die Schiffe weniger Fracht aufnehmen. Es sind deshalb mehr Fahrten erforderlich, um die entsprechenden Ladungsmengen zu transportieren“, sagt Thoma.