Bischof Kohlgraf: „Ich will eine andere Kirche”

Pressekonferenz in Mainz (v.l.n.r.): Generalvikar Udo Markus Bentz, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, Bischof Peter Kohlgraf und Bistumssprecher Tobias Blum.

Nach der Vorstellung der Missbrauchsstudie im Bistum Mainz spricht sich Bischof Peter Kohlgraf für eine andere Kultur und einen anderen Umgang mit Betroffenen aus.

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Mainz. Die Schilderungen über sexuellen Missbrauch im Bistum Mainz seien für ihn „als Christ und Mensch zutiefst erschreckend“, sagte Bischof Peter Kohlgraf am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Bei der Lektüre der 1127 Seiten umfassenden Studie, die Rechtsanwalt Ulrich Weber am vergangenen Freitag vorgestellt hatte, sei ihm stellenweise „fast schlecht“ geworden, räumte Kohlgraf gegenüber der VRM ein. Er sprach erneut von einem Systemversagen innerhalb der katholischen Kirche. Ein überhöhtes Priesterbild, männerbündische Netzwerke und eine bestimmte Sexualmoral hätten, in Verbindung mit fehlender individueller Verantwortungsübernahme, die sexualisierte Gewalt begünstigt. 

„Eine solche Kirche will ich nicht mehr“, sagte der Bischof bei der Pressekonferenz und berichtete von vielen Gleichgesinnten mit ähnlicher Hoffnung. Eine Veränderung der kirchlichen Kultur sei mit dem synodalen Weg, der an diesem Donnerstag mit der fünften Synodalversammlung in Frankfurt in die nächste Runde geht, aber keineswegs abgeschlossen. Es gebe momentan eine gewisse Dynamik in der Kirche, betonte Kohlgraf.

Den Livestream zur Pressekonferenz sehen Sie hier im Re-Live:

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Das anschließende Interview mit Bischof Kohlgraf können Sie hier im Re-Live verfolgen:

Auch zu seinem Vorgänger im Amt des Bischofs, dem 2018 verstorbenen Karl Lehmann, äußerte sich Kohlgraf am Mittwoch. Dieser habe in seinem Umfang mit Betroffenen eine „Kirche, die sich abgrenzt und ihrer Verantwortung nicht stellt” verkörpert. Auch noch unter Lehmanns Ägide war der Missbrauch vertuscht und verharmlost worden. Weihbischof und Generalvikar Udo Markus Bentz, der unter Lehmann als Bischofskaplan wirkte, bestritt, von Missbrauchsfällen gewusst zu haben. Es habe ein „verborgenes Wissen“ gegeben, das in exklusiven Zirkeln vorhanden gewesen sei. Die Studie habe diese „Splitter“ nun zusammengesetzt. Kohlgraf betonte, er glaube Bentz.  

So twittert das Bistum Mainz zur Missbrauchsstudie

Forderungen von Betroffenen nach einer hohen pauschalen Entschädigung erteilte der Mainzer Bischof eine Absage, sie könne bei unterschiedlichem Leid keine Gerechtigkeit herstellen. Auch die Frage nach einer eventuellen Umbenennung von Häusern, die nach den beiden anderen in der Studie untersuchten Bischöfen Hermann Volk und Albert Stohr benannt wurden, oder dem Gedenken an Lehmann ließ Kohlgraf offen. Eine „angemessene Gedenkkultur“, um die man sich bemühen werde, könne nicht einfach Erinnerungen löschen.