Man traf sich an der "Wiege des Bundesmodelles Altstadtsanierung" in Alsfeld zum Stadtrundgang. Es waren die Teilnehmer einer Fachveranstaltungunter dem Motto : "Substanz in Not".
Von gk
Problemorientierter Stadtrundgang: Treffpunkt war der Marktplatz. Foto: Krämer
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ALSFELD - Man traf sich an der "Wiege des Bundesmodelles Altstadtsanierung" in Alsfeld. Dort, wo vor fast 50 Jahren der Bundesbauminister Lauritz Lauritzen - zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Dr. Jochen Zwecker (SPD), Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung und Städteplaner Dr. Georg Gonsior - den "Rundgang durch die Altstadt" im Vorfeld der Städtebauförderung unternommen hatten, trafen sich diesmal fast 70 Teilnehmer zu einem problemorientierter Stadtrundgang. Es waren die Teilnehmer einer Fachveranstaltung des Bundesbauministeriums - Abteilung städtebaulicher Denkmalschutz. Das Motto der Tagung, die in der Staatlichen Technik Akademie stattfand, war deutlich: "Substanz in Not".
Das Motto gilt auch für die Altstadt von Alsfeld, deren Altstadtsanierung als Bundesmodellvorhaben unter anderem auch dazu geführt hat, dass man das Prädikat "Europäische Modellstadt" im Jahre 1975 verliehen bekam. Bürgermeister Stephan Paule stellte in seinem Grußwort fest, dass die Stadt jetzt wieder vor einer großen Herausforderung in der Erhaltung der wertvollen historischen Bausubtanz steht. "Die Bausubtanz selbst ist auch hier vielfach mehr als nur in Not. Die städtischen Gremien haben dies erkannt und sich auf dem "Weg zu Schritten und Maßnahmen der Erhaltung gemacht". Alsfeld sei als eine von elf Städten in Hessen in das Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz" aufgenommen worden. Damit nicht genug: Parallel dazu habe die Stadt selbst ein eigenes Fachwerkstadt Programm aufgelegt. "Und deshalb ist die Fachtagung in Alsfeld sowohl in Theorie als auch Praxis mit dem Thema am richtigen Ort", war sich der Bürgermeister sicher.
Zuvor hatte Gaby Kautz, Referatsleiterin Baukultur, städtebaulicher Denkmalschutz, im Bundesbauministerium in Berlin, deutlich gemacht: "Das baukulturelle Erbe ist städtisches Gedächtnis, Standort- und Wachstumsfaktor, stärkt die lokale Ökonomie und befördert Innovation sowie Kreativität in regionalem Zusammenhängen." Der Umgang mit der Zeitgeschichte sei eine städtebauliche Herausforderung und kulturelle Aufgabe zugleich. Die Städtebauförderung wurde 1991 in den neuen Bundesländern mit 220 Projekten wieder begonnen. 2009 wurde die Förderung auch in den alten Bundesländer wieder eingeführt. Für den städtebaulichen Denkmalschutz stehen 2017 etwa 110 Millionen Euro zur Verfügung.
HINTERGRUND
In Alsfeld läuft der Programm städtbaulicher Denkmalschutz bereits seit 2016. Fördergebiet ist die historische Altstadt. Insgesamt sind etwa 70 Objekte, überwiegend in Privatbesitz, mit erheblichem Sanierungsbedarf festgestellt worden. Das Programm hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund zehn Millionen Euro; jährlich sind zwischen 300 000 und 500 000 Euro zu investieren. Voraussetzung für die Projektfinanzierung in dem Fördergebiet ist ein integriertes Stadtentwicklungskonzept, das im Zusammenwirken mit einer Bürgerbeteiligung erarbeitet werden soll.
In einem kurzen Grußwort stellte Dr. Helga Jäger vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Kultur, Landwirtschaft und Verbruacherschutz heraus, dass in Alsfeld vor gut 40 Jahren die Altstadtsanierung ausgelaufen, die Stadt aber seit 2016 wieder in einem Förderungsprogramm sei. 4,5 Millionen Euro stehen 2017 hessenweit für den städtebaulichen Denkmalschutz zur Verfügung. "Wir müssen viel tun, um unsere Städte zu erhalten", sagte Dr. Jäger. Aus dem Programm werden private und öffentliche Maßnahmen bezuschusst. Die Entscheidung darüber liege bei der Kommune.
Es schlossen sich Fachvorträge über den Umgang von "Substanz in Not" und der Begrifflichkeit. "Was ist Not" an. Prof. Dr. Holger Schmidt (TU Kaiserslautern) machte deutlich, dass es ein hohen Wohnungsleerstand - gerade in den historischen Stadtzentren - gibt.
Heinz Woinski, kommissarischer Landeskonservator in Hessen, berichtete über die Notwendigkeit einer Bestandssicherung und -erhaltung aus denkmalpflegerischer Sicht.
Nach den Referaten am Vormittag schloss sich der projektbezogene Stadtrundgang unter Führung von Ansgar Brockmann (Bezirksdenkmalpfleger) und Michael Hölscher (Stadtbauamt) an. Zu Beginn wies Brockmann auf dem Marktplatz nicht nur auf die Geschichte von Alsfeld, sondern auch auf die historische Bausubtanz um den Marktplatz und in der Altstadt hin. Zum Rundgang teilte man sich in zwei Gruppen. An zahlreichen Fachwerkhäusern war unschwer das Motto der Fachveranstaltung "Substanz in Not" erkennbar. Das Programm städtebaulicher Denkmalschutz soll genau diese substanziellen Fachwerkschäden mittelfristig beseitigen helfen.
Der Nachmittag war geprägt von der Zukunft und der Darstellungen und Ansätze zur Trendwende. Mit einer Diskussionsrunde schloss die Fachtagung "Substanz in Not".