Bürgerinitiative "Schöner Ausblick" forder Lärmmessung am Windpark Elbenrod ein
Seit einem Jahr ist der Windpark bei Elbenrod in Betrieb. Jetzt fordern Bürger aus Elbenrod und Immichenhain die vorgeschriebene Lärmmessung durch den Betreiber EuroWind ein.
Von Günther Krämer
Immichenhains Ortsvorsteher Michael Kurz, Jochen Tillius, Werner Stein, Karl-Heinz Klar fordern eine Lärmmessung am Windpark Elbenrod ein. Foto: Krämer
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IMMICHENHAIN/ELBENROD - An den Anlagen im Windpark Elbenrod wird gut ein Jahr nach deren Inbetriebnahme Kritik laut. Sie ließen viele Bürgern in Immichenhain kaum mehr schlafen, die Lebensqualität leide. Der Lärm sei gnadenlos und übersteige nach den von der Bürgerinitiative (BI) "Schöner Ausblick" vorgenommenen Messungen um ein Vielfaches die Grenzwerte. "Es ist mehr als Hohn, wenn die Gemeinde Ottrau in einer Broschüre zum Dorferneuerungsprogramm als Ziel der hessischen Dorfentwicklung davon spricht, ,die Dörfer im ländlichen Raum als attraktive, lebendige Lebensräume zu gestalten, sowie durch eine eigenständige Entwicklung die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Potenziale vor Ort zu mobilisieren'. Genau das Gegenteil ist in Immichenhain der Fall", erklärt Dr. Erwin Bernhardt. Mit dem Bau der Windparks "Elbenrod" und "Die Gleiche" seien die intakten Lebensräume für Menschen und Tiere und auch die Natur vernichtet worden.
Länger als ein Jahr ist der Windpark Elbenrod bereits in Betrieb, sagt Ortsvorsteher Michael Kurz (Immichenhain). Die Lärmbelästigungen für große Teile der Bevölkerung seien geblieben. Kurz weist darauf hin, dass sich die Gemeinde Ottrau im Genehmigungsverfahren kritisch mit der Nähe des Windparks zur eigenen Gemarkung auseinandergesetzt habe. Mittlerweile seien durch die BI "Schöner Ausblick" zahlreiche Lärmpegelmessungen selbst vorgenommen worden. Die Ergebnisse bezeichnen Ortsvorsteher Kurz und Marlis Bernhardt (BI Elbenrod) als alarmierend. Der Grenzwert von 45 Dezibel (dB) sei überschritten und Lärmpegelwerte von bis zu 55 dB gemessen worden. Die BI, der auch viele Immichenhainer angehören, hat sich an Ottraus Bürgermeister Norbert Miltz (parteilos) mit der Bitte gewandt, das Regierungspräsidium (RP) Gießen nicht nur auf den Sachverhalt hinzuweisen. Sie fordert mit Nachdruck, dass die mit der Genehmigung des Windparks Elbenrod verbundene Auflage (siehe Kasten) der aktuellen Lärmmessung nach dessen Inbetriebnahme endlich erfolgen müsse. Nach mehr als einem Jahr, sagt der stellvertretende Vorsitzende Jörg Köhler, liege noch immer keine Lärmmessung vor. Das RP müsse diese endlich durch den Betreiber einfordern. Auflagen einer Genehmigung ergäben nur dann einen Sinn, wenn die Behörde diese nicht nur schriftlich verbindlich als Teil der Genehmigung postuliere, sondern auch deren Erfüllung konsequent einfordere. Komme der Betreiber dem nicht nach, dann gelte das als Nichterfüllung mit der Konsequenz, dass der Windpark abzuschalten sei, folgert Köhler. Dazu stellt er fest, dass Miltz der BI mitgeteilt habe, dass er bereits im November 2017 die Genehmigungsbehörde auf den messtechnischen Nachweis nach der Inbetriebnahme hingewiesen habe. Bis heute ohne Ergebnis.
Dieser Tage haben sich Dr. Erwin Bernhardt, Werner Stein und Karl-Heinz Klar (alle Immichenhain) mit einem offenen Brief an Ottraus Bürgermeister und die Fraktionen der Gemeindevertretung zu Wort gemeldet. Darin heißt es unter anderem: "Seit der Inbetriebnahme der Windkraftanlagen rund um Immichenhain ist eine zunehmende Lärmbelästigung festzustellen, die eindeutig durch den Betrieb der Windkraftanlagen verursacht wird. Insbesondere die Anlagen in der Dick bereiten vielen Bürgern große Probleme. Das hauptsächlich bei stärkerem Süd-, Südwest- und Westwind, und zwar an vielen Tagen im Jahr. Überwiegend in den Abend- und Nachtstunden ist das Empfinden der Lärmbelästigung besonders stark. Der Aufenthalt im Freien vor dem Wohnhaus ist dann zur Erholung nicht möglich. Nachts bei offenem Fenster zu schlafen, unerträglich und auch nicht mehr möglich. Inzwischen beschweren sich die ersten Bürger über gesundheitliche Beeinträchtigungen".
NACHGEFRAGT
Projektleiter Niki Kragelund (EuroWind) erklärt auf Anfrage unserer Zeitung: "Die Lärmmessungen konnten noch nicht durchgeführt werden. Die Jahres-Frist ist ein Richtwert, der vielfach überhaupt nicht erfüllbar ist. Denn: Die äußeren Bedingungen dazu müssen stimmen - und die sind genau im Windpark Elbenrod, mitten im Wald, äußerst komplex. Wir bemühen uns seit über einem Jahr darum, die Messungen durchzuführen - auch in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde. Aber es hat noch nicht gepasst. Der Auftrag an eine Spezial-Mess-Firma ist bereits auch seit fast einem Jahr verbindlich vergeben." Die Anlage ist seit November 2016 in Betrieb; Einweihung war im April 2017.
Das Regierungspräsidium Gießen bestätigt, dass mit EuroWind seit Monaten nach einer geeigneten Möglichkeit der Umsetzung der Lärmmessung "gesucht" werde. Ein mit der Behörde abgestimmtes Messkonzept dazu liege vor. Die entsprechende Wetterlage werde in dieser Woche erwartet. Die Messungen sollten dann erfolgen. Es werden Nachtmessungen durchgeführt, weil die einzuhaltenden Immissionsrichtwerte für die Nacht wesentlich niedriger liegen als für den Tag.
Weiter fordern die Unterzeichner in ihrem Brief von der Gemeinde Ottrau eigene Lärmmessungen durch ein neutrales und anerkanntes Institut in den im Schreiben aufgezeichneten Wohngebieten. Auch in Elbenrod, Berfa und Hattendorf haben sich bereits Bürger über überdurchschnittlichen Lärm durch den Windpark Elbenrod bei der BI Schöner Ausblick beklagt. Ein weiterer Windpark ist derweil am Homberg bei Alsfeld geplant.