Keineswegs „unbekannt verzogen“ war am Donnerstag Erfolgsautorin Susanne Fröhlich: Im Rahmen der neuen Lesesaison „Der Vulkan lässt lesen“ folgte die bekannte TV-Moderatorin und Comedy-Spezialistin der Einladung des literarischen Quartetts OVAG, Sparkasse Oberhessen sowie die Buchhandlungen „Buch 2000“ Alsfeld und „Lesezeichen“ Lauterbach und fuhr vom Taunus in den Vogelsbergkreis nach Grebenau.
Susanne Fröhlich zieht die Zuhörerschaft in ihren Bann.
(Foto: Buchhammer)
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GREBENAU - (lb). Keineswegs „unbekannt verzogen“ war am Donnerstag Erfolgsautorin Susanne Fröhlich: Im Rahmen der neuen Lesesaison „Der Vulkan lässt lesen“ folgte die bekannte TV-Moderatorin und Comedy-Spezialistin der Einladung des literarischen Quartetts OVAG, Sparkasse Oberhessen sowie die Buchhandlungen „Buch 2000“ Alsfeld und „Lesezeichen“ Lauterbach und fuhr vom Taunus in den Vogelsbergkreis nach Grebenau. Mit Wollust machte sie ihrem Namen alle Ehre und bescherte mehr als 170 Fans der Region einen heiteren Abend mit ihrem neuesten, sehr ländlich geprägten zehnten Roman der Andrea-Schnidt-Reihe mit dem Titel „Verzogen“.
„Grebenau ist am Ende, am Ende des Landkreises, am Ende des Geschäftsgebietes der Veranstalter – aber nur, wenn man aus Richtung Alsfeld kommt. Deshalb nutzte ich heute lieber den Weg aus Hersfeld kommend, und da liegt Grebenau am Beginn“, eröffnete Bürgermeister Lars Wicke mit Augenzwinkern das Gastspiel in der mit Frauenpower getränkten Johanniterhalle. Schon allein das Mischungsverhältnis von 90 Prozent Frauen und zehn Prozent Männern im Zuschauerbereich versprach einen interessanten Abend.
Mitten ins Herz der Leute traf das Charisma und Temperament von Energiebündel Susanne Fröhlich. Von der ersten Minute an zog die braungebrannte Frohnatur – mit frischer Haarpracht und der Freiheit, allein einkaufen zu dürfen – alle in ihren Bann. Sehr zu Scherzen aufgelegt, bezog sie am Lesetisch Position und liebäugelte mit der Tischauflage aus rotem Samt. „Das wäre doch was für zu Hause. Ach nein, doch nicht, der Stoff wirkt irgendwie zu sakral“, gewann sie für sich die Einsicht und schaute sich lieber nach einem anderen Objekt der Begierde um.
„Normalerweise kommt jetzt der Punkt, an dem ich mir aus allen Männern im Publikum einen für den Abend herauspicke. Keine Sorge, bei der heutigen Fülle brauchen sie keine Angst davor zu haben. Ich nehme sie“, deutete sie auf ein Alsfelder Ehepaar in der ersten Reihe und hatte fortan den Gatten liebevoll auf dem Kieker. Noch eine kleine Schulung zur Sitzhaltung von Männern und Frauen im Büro oder bei Veranstaltungen, und das literarische Abenteuer „Umzug in die ländliche Idylle“ konnte beginnen.
Nach allen Regeln der Vortragskunst ließ Fröhlich die Zuhörerschaft teilhaben am Umzug der Buchheldin Andrea Schnidt von der Peripherie der Großstadt in ein idyllisches Dörfchen nahe Fulda, welches ihre erwachsenen Kinder gerne mit „am Arsch der Welt und jenseits der Zivilisation“ auf den Punkt brachten. Angedacht war erst einmal ein Jahr, Andreas Lebensgefährte Paul wollte für diesen Zeitraum die Praxisvertretung des örtlichen Landarztes übernehmen. Mutig stellte sich die Protagonistin der Herausforderung und bezog mit ihrem Lebensgefährten, ihrer dementen Mutter mitsamt polnischer Pflegerin das pragmatisch übernommene, komplett eingerichtete Haus mit Hühnerstall am Waldrand des überschaubaren Seelenortes in der Provinz. Später kam auch noch ihr Ex-Schwiegervater mit haarigem Hund hinzu und machte das Chaos komplett.
Herrlich amüsant ließ Fröhlich ihre Zuhörerschaft Landluft schnuppern. Dabei malte sie viele bekannte Bilder und Klischees vor Augen, die bisweilen zwischen den Sitzreihen durch Flüstern und Zunicken große Bestätigung bekamen wie der gut funktionierende vorherrschende Nachrichtendienst oder vielerorts hochgeklappte Bürgersteige am Abend. Mächtig aber schmunzelten die Damen und Herren über gar manchen Dünkel der „Möchte-gern-coolen-Großstädter“.
Während Andrea in ihrer neuen Umgebung zu verzweifeln drohte, blühte indes ihre Mutter förmlich auf und lernte durch ihre Krankheit die Welt mit neuen Augen kennen. Schnell bekam sie einen heißen Draht zu den drei Hühnern im Stall, denen die Tochter eher auf Distanz mit Respekt begegnete. Eines Nachts schlich sich die Demenzkranke aus dem Haus und lief in den angrenzenden Wald. Voller Sorge machte sich Andrea auf die Suche. Dummerweise war sie nur mit Gummistiefel, Unterhose und einem alten ausrangierten „wild-thing“-T-Shirt ihrer Tochter bekleidet. Zu allem Übel dann auch noch ausgesperrt und auf der Dorfstraße unterwegs, um Hilfe zu holen. Die Rettung nahte, Andrea stellte den Bürgermeister des Ortes im wahrsten Sinne des Wortes in der Nacht des Grauens vor nackte Tatsachen. Das Publikum grölte.
Getreu des Mottos „Grebenau fragt, ich antworte“ knüpfte Susanne Fröhlich zum Abschluss noch eine Fragerunde an. Auch hierbei gewährte die 55-jährige Frau auf humorvolle Weise tiefe Einblicke in ihre Persönlichkeit. Offen sprach sie über die Vorzüge des Alters, ihr eisernes Abnehm-Programm zum Wohle der Gesundheit, über ihre Schlagfertigkeit und über ihren Kampfgeist, bei Laufwettbewerben als Ü70 am Start zu sein und zu siegen. „Eine klasse Frau“, schwärmte ein lockeres Frauengrüppchen in den hellsten Tönen und stellte sich mit Freuden an der langen Schlange der Fans zum Signieren an.