Sternchen, Unterstrich und Doppelpunkt. Unser Sprach-Optimist Murtaza Akbar widmet sich diesmal einem ganz heißen Eisen: dem Gendern.
Von Murtaza Akbar
Für Claus Klebers Minipausen fühlt er sich zu alt: Sprach-Optimist Murtaza Akbar. Foto: Wortwahl
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Jetzt geht's ans heiße Eisen: ans "Gendern". Warum ich das in Anführungszeichen schreibe? Na, weil ich fünf Leute, alles erwachsene, deutsche Muttersprachler*innen, in meiner Straße gefragt habe - und nur zwei wussten, was es bedeutet. Liegt das an mir, meiner Straße oder den Leuten? Ich habe dann "geschlechtergerechte Sprache" gesagt, das hat ein weiterer verstanden, die zwei anderen wussten nach wie vor noch nicht, was ich meine. Mein Wunsch deshalb: Gibt es einen einfacheren Begriff für dieses Thema? Wäre schön.
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Früher fand ich die ganzen Politiker, die ständig "Bürgerinnen und Bürger", "Genossinnen und Genossen" und was es sonst noch in der Welt der Politik gibt, an den Beginn ihrer Rede stellten, extrem floskelhaft. Pflichtbewusst, aber gar nicht authentisch. So spricht doch keine/r, meinte ich. Halt, es muss natürlich Politikerinnen und Politiker heißen, die das immer wieder sag(t)en. Inzwischen habe ich dazu ein anderes, differenzierteres Bild. Zum Glück.
Denn unsere Sprache wird immer vielfältiger, wie wir alle. Und diejenigen, die die Sprache festhalten wollen wie Sprachhüter_innen und Sprachbewahrer/innen werden es schwer haben. Das wird nicht gelingen. Zum Glück. Habe ich das nicht schon mal oben geschrieben? Unsere Lektorin würde dann "WW" neben "Zum Glück" schreiben, nicht als Abkürzung unserer Agentur Wortwahl, sondern natürlich für WortWiederholung (bitte mache es dieses Mal nicht! Danke. Sie liest selbstverständlich auch immer meine Kolumne Korrektur. Manchmal höre ich dann ein Giggeln aus dem Nachbarzimmer, manchmal aber auch ein "Nee, nee, nee.").
ZUR PERSON
Murtaza Akbar ist Trainer, Coach und Redner zum Thema Sprache und Kommunikation. Der gebürtige Frankfurter mit pakistanischen Wurzeln ist zudem Geschäftsführer der Agentur Wortwahl und Dozent an der Hochschule Darmstadt im Studiengang Onlinekommunikation. Zu erreichen ist er per E-Mail über info@akbar.desowie im Internet unterwww.akbar.de.
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Wo war ich nochmal? Ach ja, beim Gendern. Geschrieben gibt es ja ganz verschiedene Versionen. Klar, das Gender-sternchen*, das mit dem * auch das dritte Geschlecht berücksichtigt. Dann gibt es ja schon lange das Binnen-I, den Quer/strich oder den Unter_strich, den ich wiederum nicht wirklich elegant finde, im Gegensatz zum Doppelpunkt, ja so ein Leser:innen, schick. Was sollen wir davon jetzt verwenden? Schwierig, schwierig. Wie wäre es mal so, mal so, nach Laune? Nein, das geht gar nicht, werden Sie jetzt rufen. Aber Sie werden sich wundern, wir haben das als Agentur mal für deutsche Konzerne untersucht, eine kleine Studie gemacht: Ist aufwendig, dauert noch etwas, bis wir die Ergebnisse veröffentlichen können. Doch mal vorab: Das ist alles andere als stringent, einheitlich oder logisch.
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Das gilt erst recht fürs Aussprechen. Der gute Claus Kleber, Anchorman des ZDF, hat im heute-journal früh damit angefangen, in seinen Moderationen vor dem "i" eine Mini-Pause zu machen und das "i" dann zu betonen, etwa "Lehrer Innen". Mir gefällt's nicht, bin wohl zu alt dafür. Halt, der Kleber, Claus ist ja nochmal deutlich älter als ich. Ich persönlich, und das hätte ich nicht für möglich gehalten, finde auf einmal die Version vieler Politikerinnen und Politiker, beide Varianten komplett auszusprechen, am besten, weil für mich am natürlichsten. Wer hätte das gedacht? Gilt das dann auch für so sperrige Begriffe wie Arbeitergeberinnen- und Arbeitgeberverbände? Oh. Dabei mag ich das Sperrige eigentlich gar nicht. Überhaupt nicht, nein, denn umständlich können viele. Klar, verständlich, wertschätzend und einfach zu sprechen und zu schreiben, ist das Ziel. Und das ist viel schwerer.
Und jetzt? Welchen Schluss ziehen wir daraus? Schluss eher nicht, ist ja vieles im Fluss. Wer möchte, die oder der "gendert". Klar. Richtlinien, Vorgaben, Gesetze? Schwierig, schwierig (hatte ich auch schon mal geschrieben). Oder doch alles einfacher als gedacht? Was meinen Sie lieber Leser:innen? Schreiben Sie mir Ihre Meinungen, Ansichten, Antworten, ich möchte das sehr gerne wissen, auch wenn's ein hitziges Thema ist.