Margarita Broich und Wolfram Koch ermitteln in „Tatort: Funkstille“ einen ganz schön konstruierten Fall, der reichlich Kalten Krieg durch Mainhattan wehen lässt.
. „Meine Eltern haben mich mein ganzes Leben lang belogen. Ich weiß nicht mal, ob es ihre richtigen Namen sind.“ Die 17-jährige Emily Fisher (Emilia Bernsdorf) versteht die Welt nicht mehr. Erst entdeckt sie, dass jemand ihr draußen immer folgt. Dann kommt ihr Freund Sebastian in einer stillgelegten Fabrik ums Leben. Und jetzt muss sie auch noch annehmen, ihre Eltern seien Spione.
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Der erste Frankfurter Tatort nach der Sommerpause bohrt gleich dicke Bretter: Verschwörung, Mord und undurchsichtige Machenschaften von Geheimdiensten – Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) bekommen es in ihrer zwölften gemeinsamen Ermittlung mit einem Fall zu tun, der reichlich viel Kalten Krieg durch Mainhattan wehen lässt. Und kühl sind auch die Bilder, mit denen Kameramann Johannes Monteux das gegenseitige Bespitzeln einfängt: Da lauert das Objektiv durch Büsche, bedroht von oben die Protagonisten oder zerrt sie nah heran. Das passt zu den trüben Farben und dem lakonischen Grundton: Regisseur Stanislaw Mucha lässt die Gesichter immer wieder einfrieren und baut irritierende Pausen ein. Da scheint selbst der Pathologe zur Schnecke zu mutieren. In Summe ist das edel gemacht – aber lebendig geht anders.
„Funkstille“ – der Titel meint im Drehbuch von Stephan Brüggenthies und Andrea Heller auch den Mangel an Kommunikation untereinander. In erster Linie den zwischen Emily und ihren amerikanischen Eltern (Tessa Mittelstaedt und Kai Scheve). Ihre Mutter arbeitet im US-Konsulat. Aber was genau macht sie dort eigentlich? Wovor will der Vater fliehen? Und was ist die Verbindung von all dem zu Sebastian, der nebenan gewohnt hat? Emily und der junge Adrian (Leon Seidel) ermitteln auf eigene Faust. Und entdecken immer mehr merkwürdige Geheimnisse.
All das klingt ganz schön konstruiert. Ist es auch. Dennoch baut dieser Agententhriller-„Tatort“ recht passabel eine Atmosphäre gegenseitigen Misstrauens auf, in der die eigene Mutter an der Zimmertür der Tochter lauscht und Dialoge ins Leere laufen. Über die Motivation der Figuren allerdings erfährt der Zuschauer wenig. Alles bleibt in Andeutungen hängen. Da gibt es einige lose Enden bis zum Showdown und einem unbefriedigenden, aber an der Stelle realistischen Schluss.
Also: Mal ein ganz anderes Terrain für die beiden nach wie vor sympathischen Frankfurter Kommissare in ihrem neuen Fall. Sie sind der lebensechte Aktivposten dabei: Die nette Janneke und der schlecht gelaunte Brix, die sich mit ihrer Zimmerpflanzen-Parade im Büro und den Dienstgesprächen beim Würstchengrillen am Main selbst kleine Fluchten verschaffen. Und sich dabei vermutlich wieder nach einem echten Fall sehnen. Wir uns auch.