Das Benefizkonzert der Band "Bluesdoctor" im Hof von St. Thomas Morus sorgt nicht nur für gute Laune, sondern bringt auch einen stattlichen Erlös für das Projekt "Musik statt...
. Giessen. Es war schon eine Zitterpartie: Würde es das Benefizkonzert der Gießener Band "Bluesdoctor" zugunsten von "Musik statt Straße" auf dem Hof der Kirche St. Thomas Morus verregnen oder nicht? Aber der Himmel hatte ein Einsehen, und die 80 Zuhörer könnten sich über ein sommerliches Open-Air-Konzert ohne die geringsten Störungen freuen.
"Da kommt die Sonne", sagte Jakob Handrack vom Vorstand des Fördervereins bei seiner Begrüßung. Und fügte hinzu: "Ich hab' sie extra gerufen. Willkommen zur Premiere unseres Freiluftkonzerts vor der Kirche. Eigentlich schade, dass wir das vorher noch nie gemacht haben." Am Ende waren alle in bester Stimmung. Die Gemeinde hatte mit viel Arbeit ein Hygienekonzept erstellt und sich im letzten Moment noch erkundigt, ob sie auf ihrem großen Hof nicht vielleicht mehr als die ursprünglich geplanten 50 Zuschauer mit Abstand begrüßen dürfe. Bei so viel Platz hatte das Gesundheitsamt keine Bedenken und genehmigte einen Aufschlag, sodass noch mehr Menschen den lauen Sommerabend mit knackiger Bluesmusik genießen konnten. Die Gäste schauten alle fröhlich drein, als die Band loslegte. "Wir werden heute nur unsere CD spielen, also nur eigene Titel", verkündete Sänger und Keyboarder Christoph Handrack. Die CD könne man gegen eine Spende einfach mitnehmen. "Aber für fünf Euro geben wir sie nicht weg", ergänzte er vorsichtshalber. Immerhin ging der Erlös komplett an "Musik statt Straße". 900 Euro hatte die Volksbank Mittelhessen schon gespendet, jetzt wollte man die Tausend vollmachen, was sich nicht als Problem erwies. Beachtliche 682 Euro kamen zusammen.
Aber erstmal ging es aufs Gas. Mit "Fool no more" legte das Quartett mit Handrack (Gesang, Klavier, Keyboard), Hartmut Dietrich (Harp, Gesang), Thomas Geis (Gitarre) und Manfred Jung (Drums) zügig los. Offenkundig gut aufgelegt, musizierten sie in flottem Tempo und mit solidem Drive. Was gleich auffiel, war der hochauthentische Mundharmonikasound, den Jung mit etlichen Hohner-"Harps" und einem klassischen Sennheiser-Mikrofon erzeugte. Gleich begannen einige Füße zu wippen. Klagend erklang dann der "Waltz for Mama", ebenso mit sehr ausdrucksvoller Harmonika.
Für Kinder in Bulgarien
Maria Hauschild von "Musik statt Straße" bedankte sich für den Scheck der Volksbank und die Unterstützung der Band. Sie berichtete über die Arbeit des Projekts, um das sie sich seit zwölf Jahren gemeinsam mit dem Musiker Georgi Kalaidjiev kümmert, um damit bedürftigen Kindern in Bulgarien zu helfen, "die dort unter wirklich elendigen Bedingungen leben". Daraus sei längst eine "riesengroße wunderbare Sache geworden. "Wir haben einige hundert Kinder gerettet. Wir vermitteln ihnen Bildung und Musik", betonte Maria Hauschild. Diese Kinder würden dann zu Vorbildern für andere und jüngere Mädchen und Jungen. "Wenn man ihnen die Hand reicht, bewegt sich wirklich etwas." 2019 waren einige der Kinder zu Besuch in Gießen.
"After all these years" war mit sorgsam verschlepptem Tempo und einem schön klagenden Unterton im Gesang zu hören, während die Band zugleich gelassen und routiniert dahinschwebte. Mit erheblich höherem Tempo lieferte "Bluesdoctor" danach "Den Autobahntitel" ab. Bei diesem Rhythmus musste doch jeder mit, ein leicht hypnotischer, geschlossener Duktus machte es möglich. "Bluesdoctor" verdeutlichte in diesem Konzert seine Stärken: mit der charismatischen Stimme von Christoph Handrack und den emotional aufgeladenen Harp-Beiträgen von Hartmut Dietrich verfügt die Band über ein tragfähiges Fundament. Hinzu kommt ein äußerst ökonomisch und präzise agierender Schlagzeuger, der keinen Ton zu viel spielt. Schließlich agiert Gitarrist Thomas Geis mit ebenso großer Erfahrung wie Gefühl. An diesem Abend spielte er aus Jux einfach mal das James-Bond-Thema in "Monkey business" rein - prima.
Die gute Laune überträgt sich aufs Publikum, und der intensive Beifall gerät immer länger. Da fällt es kaum ins Gewicht, dass einige Abschlüsse der Songs irgendwie belanglos geraten sind, einfach aufgehört. Das tut dem Gesamtvergnügen keinen Abbruch: Lauschig sitzen die Zuhörer unter den Platanen, und ein winziger Hauch von Woodstock ist zu spüren. Wahrscheinlich lag einfach ein Segen drauf.